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Längerer Ausfall von Boucher nach Jurcina-Check

Berlins Jurcina mit dem Check gegen Kölns Boucher. Foto: Jörg Schüler.
Berlins Jurcina mit dem Check gegen Kölns Boucher. Foto: Jörg Schüler.

Nach einem Ellenbogen-Check gegen den Kopf war Jean-Francois Boucher am Dienstagabend ins Krankenhaus eingeliefert worden. Eine offizielle Bekanntmachung der Diagnose wird es seitens der Kölner Haie nicht geben. Aus den Bildern wird aber ersichtlich, dass Boucher mindestens eine Gehirnerschütterung erlitten hat und dem Vernehmen nach auch eine Schnittwunde am Bein.

Der Ausfall von Boucher wiegt schwer, denn er ist nicht einfach nur ein loyaler Arbeiter für die Haie. „In den Playoffs war er einer unserer effektivsten Stürmer“, betonte Ryan Jones gegenüber haimspiel.de die Wichtigkeit des Mannschaftskollegen für das Team. Durch seinen nimmermüden Einsatz und sein großes Kämpferherz war er über weite Strecken der Saison und vor allem in der Post-Season eine der antreibenden Kräfte im Spiel des KEC. Diesen Faktor muss die Mannschaft in ihren restlichen Playoff-Partien kompensieren.

Der DEL-Disziplinarausschuss verhängte gegen Milan Jurcina eine Sperre von zwei Spielen. Hier geht es zur offiziellen Begründung.

Der Verteidiger fehlt den Eisbären damit für mindestens ein serienentscheidendes Spiel im Viertelfinale, wäre aber in einem alles entscheidenden siebten Spiel wieder dabei – frisch und ausgeruht, während die Haie vorraussichtlich länger ohne Jean-Francois Boucher auskommen müssen.

Im Quervergleich zu anderen Sperren des DEL-Disziplinarausschusses in dieser Saison wirkt die Höhe der Bestrafung zunächst durchaus schlüssig, nahezu alle Checks gegen den Kopf oder Nacken von “Erst-Tätern”, im Besonderen auch “blind sided” Hits (bspw. Wallace gegen Wagner oder Lamb gegen Dibelka) wurden mit zwei Spielen Sperre belegt. Allerdings war bei keinem dieser Verfahren die Liste der Vergehen, die dem attackierenden Spieler zur Last gelegt wurden, so lang und eindeutig wie im Fall Jurcina.

Der Disziplinarausschuss hält die Sperre von zwei Spielen in Verbindung mit der Geldstrafe für angemessen.

– Das ist ein unerlaubter Körperangriff und ein Check gegen den Kopf
– Jurcina muss erkennen, dass Boucher sich in einer schutzlosen Position befindet
– Jurcina fährt den Check mit unnötiger Wucht aus
– Haupttrefferfläche des Checks ist Bouchers Kopf
– Jurcina hat keine Intention den Puck zu spielen
– Boucher hat sich nachhaltig verletzt
– Jurcina ist nicht vorbestraft.

Wichtig ist zu erwähnen, dass Jurcina trotz seines erklärbaren Laufweges die Kontrolle über die Situation hatte und den Check nicht so rücksichtslos ausfahren durfte.

Es handelt sich laut DEL also nicht nur um das vom Schiedsrichtergespann geahndete Vergehen “unerlaubter Körperangriff” sondern zusätzlich noch um einen Check gegen den Kopf, also direkt zwei Foulspielen. Es wird erwähnt, dass Jurcina für die Situation die Verantwortung trägt, er den Check mit unnötiger Wucht ausführt, die schutzlose Situation von Boucher – der sich immerhin schon in einem Zweikampf befand – hätte erkennen müssen und er keinerlei Absicht hatte, überhaupt den Puck zu spielen. Abschließend wird noch einmal extra betont, dass der Berliner Verteidiger die Kontrolle über die Situation hatte. Eine gute und richtige Auflistung des Ausschusses, der in der Folge aber unverständlicherweise zu einer zu milden Strafe kommt.

Sicherlich könnte man argumentieren, dass Jurcina den Eisbären zusätzlich zur nun verhängten Sperre bereits 53 Minuten in Spiel 4 der Viertelfinalserie gefehlt hat und eine Sperre in den Playoffs grundsätzlich härter wiegt als in der regulären Saison (analog zur NHL, in der Sperren in den Playoffs meist halbiert werden), aber dass der Berliner in einem eventuell alles entscheidenden Spiel 7 dieser Serie wieder eingreifen könnte, ist unüberlegt und hätte verhindert werden müssen. Es bleibt zu hoffen, dass die Haie nicht nur Spiel vier für Jean-Francois Boucher gewonnen haben, sondern auch die Serie holen und das am besten in sechs Spielen, um diesen “worst case” zu verhindern.

Die Schwere des Fouls spiegelt auch das Echo in den Medien wieder, die normalerweise keine regelmäßige Berichterstattung über die DEL in ihren Blättern und Online-Ausgaben berücksichtigen.

Der Kicker sprach gestern noch von einem „Horror-Foul“ und einem „brutalen Check“, der das Spiel „überschattete“. Inzwischen wurde der Titel nach Bekanntgabe der Strafe geändert. Auch der Focus titelte „Kölner Haie Stürmer Boucher nach brutalem Foul im Krankenhaus“ und die Welt wird sogar deutlicher mit „Brutalstes Foul der Saison schockt Fans und Spieler“. Die längste vergeben Sperre in dieser Saison betrug vier Spiele – mit nur zwei Spielen Sperre sorgt dieses Strafmaß also nicht nur sportlich für Brisanz, sondern auch bei ähnlichen Situationen für das Bild einer Brutalo-Liga in Deutschland, die sowieso schon ihren Erwartungen im Bekanntheitsgrad und Professionalität in der öffentlichen Wahrnehmung hinterher läuft.

Wir wünschen „Bouch“ auf diesem Weg gute Besserung!

Über den Autor: Robert Heppekausen

Robert ist seit 2004 für haimspiel.de tätig und hat in der Zeit unter anderem am Radio das Rekordspiel gegen Mannheim kommentiert und war Mit-Ideengeber für die "Wir sind Haie"-Shirts. Zusammen mit Dennis hat er die Facebook-Seite der Kölner Haie ins Leben gerufen und für den Club aufgebaut.

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Ein Sieg für Boucher

11 Kommentare

  1. Jochem Aschert
    23.03.2016

    Die DEL disqualifiziert sich wieder mal selbst. Nur zwei Spiele sind ein Witz, vor allem wenn der Täter in möglichen Entscheidungsspiel dabei ist und das Opfer zusehen muß.

    Wenn man sieht, welche Strafen teilweise sonst für mindere Vergehen verhängt werden, dann kann man einfach kein Verständnis aufbringen.

    Man hat irgendwie das Gefühl, die Liga legt mehr Wert auf die Hauptstadtmannschaft, aber das ist sicher nur eine vollkommen irrige Annahme.

  2. kabukichan
    23.03.2016

    Nachdem das Resultat des Fouls in der DEL Videozusammenfassung mit “blieb kurz bewusstlos liegen” bewertet wurde und anders als in allen anderen Medien kein weiteres Wort dazu verloren wurde, war mir schon klar, dass das zur Farce wird.

    • Chwoelm
      24.03.2016

      Ich bin auch zuerst drüber gestolpert, aber:
      Das DEL Video wurde 23:42 hochgeladen. Zu dem Zeitpunkt, als der Kommentar über die Bilder gesprochen wurde, gab es wahrscheinlich noch keine offizielle Verlautbarung.

  3. Jens
    23.03.2016

    Wenn in den Playoffs die Strafen halbiert werden, dann sind das für Jurcina ja quasi 4 Spiele.
    wenn man noch bedenkt, dass diese Aktion den Berlinern Spiel 4 gekostet hat und Jurcina unbestraft ist….
    Auch wenn die Szene hässlich ist, sollte man diese Sache trotzdem zumindest versuchen nüchtern zu analysieren und Jurcina nicht an den virtuellen Galgen hängen. Fouls passieren, werden bestraft (5+SD!) und nun fällt der Spieler noch zwei wichtige Spiele aus.
    “frisch und ausgeruht*”
    *”und völlig aus dem Rhythmus”. hätte man ergänzen können.

    Zusammenfassend:
    -2 Spiele entsprechen 4-Hauptrundenspiele (wie ausgeführt)
    -die durchschnittliche Sperre für solche Fouls entspricht 2 Spiele
    -der Spieler kostete seiner Mannschaft ein komplettes PO-Spiel (2PPGs)
    -zusätzlich zu den zwei Spielen sass der Berliner quasi das komplette vierte Spiel
    – das macht quasi drei Spiele (also 6 Hauptrundenspiele) -> das wären mehr als die höchste Spielsperre…

  4. Mike
    24.03.2016

    Jens: “– das macht quasi drei Spiele (also 6 Hauptrundenspiele) -> das
    wären mehr als die höchste Spielsperre…”

    Seh’ ich anders!

    Zum einen bezieht sich die Regelung der Halbierung von Strafen in den POs imho nur auf die NHL, zum anderen kann man das betreffende Spiel kaum dazuzählen, denn das würde ja bedeuten, dass ein Foul in der 7. Minute anders bewertet wird, als eines in der 57.

    Von der Begründung her gehen die 2 Spiele so vielleicht in Ordnung, jedoch bei der Verletzungsschwere -im Vergleich mit anderen Strafen zu ähnlichen Vergehen- ist die Strafe in meinen Augen zu gering. Mind. 3 Spiele um den Sünder definitiv von dieser Serie auszuschließen hätte ich angemessen gefunden.

    Kann man als Verein da eigentlich gegen angehen? Mal abgesehen davon, dass die Haie das vermutlich wieder mal nicht machen würden!

    Btw, mein Hintermann hatte am Dienstag den Vorschlag, einen Spieler so lange zu sperren, bis der Verletzte wieder einsatzbereit ist! Netter Gedanke! ;-)

  5. Jens
    24.03.2016

    @Mike
    Gegenfrage: Wenn man argumentiert, dass man es nicht für gut befindet, dass der Berliner bei einem möglichen Spiel 7 wieder dabei ist:
    Werden dann Fouls in Spiel 1 (restliche Serie: bis zu 6 Spiele) anders bewertet als in Spiel 6?

    Und ja: ein Foul mit Verletzungsfolge am anfang des Spiels kann man in der nachfolgende Spielsperre anders bewerten als am Ende eines Spiels. gehen wir mal davon aus dass der Berliner das Foul in der 59. Minuten begangen hätte, dann hätte Köln nur eine Minute PP gehabt und der Berliner hätte nur 1min + 2 Spiele gesessen. Das wäre weniger gewesen als so 53min + 2. Das sind quasi die oft geforderten Drei Spiele.
    Wäre die Szene in Spiel 5 passiert, wäre der Berliner in Spiel 7 weg gewesen. So geschah es halt in Spiel 4 und er ist in 7 wiedee dabei.

    und zum NHL Vergleich: Wenn wir schon deren Playoff-Format adaptieren, sollten wir es schon konsequent machen. 3 Spiele sind nun mal in Playoffs vermutlich viel schmerzlicher für einen Verein als 6 Hauptrundenspiele.

    Abgesehen davon darf die Schwere der Verletzung vom Kölner nur eines von vielen Indikatoren sein, nicht das alles andere überscheinende. Das entscheidende Kriterium beim Strafmaß sollte die Tat selbst sein, nicht deren Folge. Das wurde vom Disziplinarausschuss dargelegt und auch in der Höhe berechtigt angewendet (2 Playoffspiele!).

    • Mike
      24.03.2016

      “Werden dann Fouls in Spiel 1 (restliche Serie: bis zu 6 Spiele) anders bewertet als in Spiel 6?”

      Punkt für Dich! ;-)

  6. JanUar
    24.03.2016

    Es geht doch darum, dass alle Spieler, ob Kölner, Berliner ja sogar Iserlohner, geschützt werden müssen. Jurcina hatte nichts aber auch gar nichts anderes vor als Boucher umzuhauen. Da war kein Puck, kein nichts für ihn zu erreichen. Und was die DEL nicht angemerkt hat, man aber auf dem Foto exzellent sieht, er hebt ab beim Check.
    Also bei einem absichtlichen Check, ich spreche nicht von absichtlichem Verletzen (!!!), mit derartiger Verletzungsfolge sollte die DEL alle Spieler schützen und den Übeltäter lange Sperren! Bei Boucher in dem Fall stehen mehr als Playoffs auf dem Spiel. Was wenn die Gehirnerschütterung so schwer ist, das er nicht mehr spielen kann? Mit 30!
    Aber ja 2 Spiele, ah ne 3, oder 4 weil die Regel der NHL angewendet wurde die es nicht gibt, ach ne dann sind es ja 6, sind genug…

  7. Gabi
    25.03.2016

    also ich finde das der berliner in dieser Serie nicht hätte mehr spielen dürfen das wäre gerechter ,aber so sieht man mal wieder das mit zweierlei Maß bestraft wird .Andere Spieler (auh KEC) haben für geringere Sachen höhere Strafen bekommen

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