Unabhängiges Magazin seit 2003 – Eishockey. Kölner Haie. Köln. DEL.

Hinweis: Dieser Artikel ist älter als sechs Monate. Um immer auf dem aktuellen Stand zu sein nutzt du:

Aktuelle Informationen findest du auf unserer Startseite »

Eisbären 2:1 vorn

Jean-Francois Boucher - Foto: Andreas Dick

Der Berliner Treffer zum 1:0 schon in der ersten Spielminute sowie die Aberkennung des regelkonformen Ausgleichstreffers in der vierten Minute legten den Grundstein für die 1:5-Niederlage der Kölner Haie am Sonntagnachmittag. Dabei sorgte nicht nur der krasse Fehler des Schiedsrichtergespanns  Bauer/Schukies an sich für Aufregung, sondern auch die Art  und Weise der Kommunikation der Referees zu der Situation mit Cory Clouston.

In einem so engen Duell zwischen zwei ebenbürtigen Mannschaften schmerzt jeder Fehler doppelt. Erstrecht die, die zu einem Gegentor führen. Es waren vier zum Teil dicke Patzer, die zu den ersten vier Berliner Toren führten und dafür sorgten, dass die Eisbären letztendlich als verdiente Sieger das Eis nach einer Partie verließen, in die die Haie nie wirklich hineingefunden hatten.

Beim 1:0 durch Busch erwischten die Hausherren die Haie bei einem schlechten Wechsel. Beim 2:0 ließ man Mark Olver bei vier gegen vier ungehindert mit der Scheibe in den Hohen Slot ziehen, von wo er den Schlenzer losließ, den Rankel hoch ins Tor abfälschte. Beim 3:0 legte Sulzer nicht nur mit einem kapitalen Fehlpass im eigenen Drittel für Mulock auf, sondern nahm beim Schuss auch noch Wesslau perfekt die Sicht. Beim 4:0 war Wesslau damit beschäftigt, Machacek aus seinem Torraum zu schieben, weil der eigentlich zuständige Lalonde nicht konsequent genug Widerstand gegen den Berliner Stürmer leistete. Zum Zeitpunkt des Scheibeneintritts in den Torraum hatte Wesslau Machacek zwar erfolgreich aus dem blauen Eis befördert, aber damit auch sich selbst aus der Position.

Mirko Lüdemann konnte zwar nach schönem Zuspiel von Torsten Ankert mit einem feinen Move den 1:4 Anschlusstreffer markieren, doch Constantin Braun stellte sieben Minuten vor Schluss den Vier-Tore-Vorsprung wieder her, als sein Schlagschuss im Powerplay Wesslau zum 5:1-Endstand durch die Schoner rutschte.

Aber das waren alles nicht die Fehler, wegen denen nicht nur die Mannschaft sondern auch der sonst immer sehr gefasste Cory Clouston nach der Partie mehr als bedient die Mercedes Benz Arena verließen. Die Wut der Haie resultierte aus einem regelkonformem, aber nicht gegebenen Powerplay-Treffer zum vermeintlichen 1:1-Ausgleich in der 4. Spielminute, dessen verweigerte Anerkennung das Schiedsrichtergespann sogar als Fehler zugab, aber nicht korrigierte.

Was war passiert? Die Haie waren aufgrund einer Strafe wegen Behinderung gegen Mark Bell in Überzahl. Der Schiedsrichter zeigte eine weitere Strafe an. Patrick Hager fälschte einen Schlagschuss von Shawn Lalonde ins Berliner Tor ab. Daraufhin unterbrach der Unparteiische das Spiel, jedoch nicht aufgrund des Tores, sondern um die angezeigte Strafe auszusprechen, die aber ebenfalls gegen Berlin ging. Die Eisbären waren aber vom Zeitpunkt des Anzeigens der Strafe bis zu Hagers Treffer nie in Scheibenbesitz. Es gab also schlicht keinen Grund, dem Tor die Anerkennung zu verweigern, doch die Entscheidung stand. Auch die anschließenden Diskussionen mit den Referees änderten daran nichts.

„Die Erklärung war, dass er sagt, dass es höchstwahrscheinlich sein Fehler war“, berichtete Hager haimspiel.de exklusiv nach der Partie und fuhr fort: „Aber davon können wir uns auch nichts kaufen. Wenn in so einer Situation – Viertelfinale Spiel 3 – die zwei da solche Entscheidungen treffen – das sind sogenannte Game-Changer. Klar haben wir danach auch nicht so gut gespielt, aber es steht 1:0 Berlin, wir schießen ein Powerplay-Tor bei angezeigter Strafe, das heißt, es würde 1:1 stehen und wir würden in Überzahl bleiben. Das war eine Situation, wo wir das Momentum auf unsere Seite hätten holen können. Selbst wenn es nur beim 1:1 bleibt, ist es ein komplett anderes Spiel. Du musst nicht einem Rückstand hinterherlaufen und Berlin die Freiräume geben, weil du versuchst, ein bisschen aggressiver zu sein. Deswegen sind das Situationen, die auf dem Niveau zu diesem Zeitpunkt in der Saison nicht passieren dürfen. Da hilft es mir auch nicht, wenn man auf dem Eis zu mir kommt und sagt, sorry, war wahrscheinlich mein Fehler. Das ist ein Fehler, den darfst du nichtmal in der Oberliga machen. Wir sind im Powerplay, er nimmt den Arm hoch, wir sind in Scheibenbesitz und er pfeift ab. Wir dachten im ersten Moment, dass wir eine Strafe kriegen. Auf einmal sagt er, ihr spielt 5 gegen 3 Überzahl. Es ist halt bitter, denn es war nicht mal eine strittige Situation. In diesem Fall brauchte man nicht lange zu überlegen, was die richtige und was die falsche Entscheidung ist.“

Aber es war nicht nur die Fehlentscheidung an sich, die für Verärgerung sorgte. Auch die Kommunikation der Schiedsrichter mit dem KEC-Headcoach zum Geschehen ließ in Stil und Ausdruck zu wünschen übrig. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt eine Erklärung bekommen, warum das Tor nicht gegeben wurde. Mir wurde nur gesagt, dass ich aufhören soll rumzuheulen und stattdessen mit meinem Kapitän reden soll“, berichtete Cory Clouston haimspiel.de exklusiv. „In dem Ton hat noch nie zuvor jemand mit mir geredet. Das war eine sehr, sehr seltsame Interaktion mit dem Unparteiischen. Ich werde nichts dazu sagen, ob ich das falsch oder richtig finde, aber das war die ganze Erklärung, die ich bekommen habe.“

Die Hauptschiedsrichter Stephan Bauer und Gordon Schukies verfolgten zudem über die gesamte Partie eine extrem strenge Linie, die an das Einführungsjahr der Null-Toleranz-Regelauslegung erinnerte. Beide Mannschaften hatten Probleme, sich in der emotional geführten Partie darauf einzustellen. Selbst kleinste Vergehen wurden geahndet, was in der Konsequenz für eine Strafenflut sorgte. In der Summe hagelte es 36 Minuten für die Eisbären und 85 für die Haie, was sich in 9 Powerplays für die Berliner und 5 für Köln übersetzte. Unter anderem hatten die Haie eine 5-minütige Unterzahl zu überstehen, als Marcel Ohmann für einen Hohen Stock mit Verletzungsfolge zum Duschen geschickt wurde.

„Er hat wohl geblutet. Ich hab kein Blut gesehen“, sagte Ohmann und beschrieb die Situation aus seiner Sicht: „Der Puck kam. Ich wollte ihn mit dem Schlittschuh mitnehmen, aber er ist nach hinten abgeprallt. Ich hab gebremst und mich umgedreht und hatte den Schläger auf Hüfthöhe. Der Spieler war dann auch ziemlich tief oder vielleicht auch klein und ist mir reingelaufen. Das war unglücklich.“

Doch so gut die Unterzahl auch funktionierte, konnten die Haie aus solchen Momenten keinen Schwung generieren. „Wir haben heute nie richtig ins Spiel gefunden“, befand Alexander Weiß. „Der Knick war nach der Fehlentscheidung zwar drin, aber das soll keine Entschuldigung sein. Danach hatten wir eigentlich noch genug Zeit, das Spiel noch zu drehen.“

„Wir haben es nach dem nicht gegebenen Tor nie geschafft, das Momentum auf unsere Seite zu bringen. Ich würde sagen, dass das vermutlich unser schlechtestes Spiel war, seit Cory uns übernommen hat“, resümierte Andreas Falk. „Wir waren nicht konzentriert genug. Wir haben uns zu sehr auf die Schiedsrichter konzentriert. Wir haben zu viele Strafen genommen. In der Summe waren wir fast ein komplettes Drittel lang in Unterzahl. Von der Strafbank aus kann man kein Spiel gegen Berlin gewinnen.“

„Es war eine enttäuschende Niederlage. Nach der frühen Berliner Führung und dem aberkannten Tor sind wir die ganze Zeit dem Spiel sozusagen hinterhergelaufen“, befand Cory Clouston. „Es gab ein paar Schlüsselmomente, in denen wir unsere Torchancen nicht genutzt haben. [Die Eisbären] haben ihre genutzt. Wir haben zu viele Strafen genommen. Seit ich hier angefangen habe, waren wir sehr stolz darauf, ein sehr diszipliniertes Team zu sein. Wir müssen einen Weg finden, von der Strafbank wegzubleiben. Wir müssen schnell verstehen, wie die Schiedsrichter in einer Partie pfeifen und unser Spiel daran anpassen. Aber wir müssen trotzdem unser Spiel spielen und hart spielen.“

„Vieles ist heute für uns nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben. Aber das war erst Spiel 3. Am Dienstag geht es weiter für uns“, zog Hager einen Strich unter die Partie.

Auch Cory Clouston denkt nicht, dass es für die Mannschaft schwer sein wird, dieses Spiel hinter sich zu lassen. „Die Jungs sind jetzt wütend. Wir können niemandem außer uns selbst einen Vorwurf machen. Ich glaube, unsere Jungs werden das als Motivation nutzen”, baut der Kölner Headcoach darauf, dass sein Team die mitgenommene Wut für die kommende Partie in positive Energie umwandelt.

„Insgesamt war es so ein Spiel, das man mit Spiel 2 gegen Mannheim vergleichen kann“, so Marcel Ohmann. „Es war nicht unser Tag. Das müssen wir jetzt abhaken und nach vorne schauen.“

Nach dem zweiten Spiel gegen Mannheim zeigten die Haie in der folgenden Partie eine deutliche Reaktion. Die wollen sie auch im nächsten Spiel gegen die Eisbären aufs Eis bringen. Am Dienstagabend geht es mit Spiel 4 in Köln weiter. Erstes Bully ist um 19:30 Uhr. Wir übertragen die Partie live ab 19:15 Uhr.

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

Vorheriger Artikel

Viertelfinale Spiel 3: Alles auf Anfang?

6 Kommentare

  1. Michael
    21.03.2016

    Könnt ihr bei der DEL noch einmal nachfragen, was die offizielle Begründung für das nicht gegebene Tor ist?
    Gibt es einen offiziellen Spielbericht? Falls ja, wird das dort auch einfach ignoriert, als wäre es nie passiert?
    Warum hat Mo keine klare Antwort erhalten? Spätestens beim Versuch der Erklärung hätte dem Schiedsrichter selbst auffallen müssen, dass es keine Regel gibt, mit der er seine Entscheidung begründen kann.
    Als einzelner Fan bekommt man da keine Antwort. Letztes Jahr habt ihr doch ein ziemlich eindeutiges Statement erhalten: https://www.haimspiel.de/gerstberger-der-fehlentscheidung-gibt-es-keinen-zweifel/

    So wie sich mir das momentan darstellt, kannten die Schiedsrichter die Regeln nicht, oder haben absichtlich falsch entschieden. Beides ist gleichermaßen besorgniserregend. Dabei ist es doch hinlänglich bekannt, dass bei einer angezeigten Strafe auch der Goalie der gefoulten Mannschaft für einen sechsten Feldspieler vom Eis geht. Welchen Sinn sollte das haben, wenn ein dann erzieltes Tor ohnehin nicht zählt?
    Zudem war vor dem Tor kein Berliner auch nur im Entferntesten in kontrolliertem Puckbesitz.

    Mich stört derzeit viel mehr, dass solche Fehlentscheidungen ständig totgeschwiegen werden. Weder auf del.org, noch auf der DEL-Facebook-Seite, Twitter oder in der laola1.tv-Spielzusammenfassung wird das thematisiert.
    Kann es sein, dass laola1.tv Auflagen erhält, dass sie solche strittigen Situationen nicht zeigen dürfen?
    Immerhin ist laola1.tv Auftragnehmer der DEL (siehe DEL Impressum, zwei GmbHs = Geschäftsbeziehung) und ist damit nicht unbedingt ein unabhängiger Sportberichterstatter.
    Ich war vor Ort und selbst die Berliner neben mir wussten nicht, warum das Tor nicht zählte. Die DEL duckt sich seit Jahren weg und an der Qualität der Schiedsrichter ändert sich wenig bis gar nichts. Das wirkt sehr arrogant und selbstkritisch ist man so überhaupt nicht. Da ist selbst die Bundesliga/DFL einsichtiger.

    Auch wenn es nur ein Spiel und (k)ein Tor war, so bietet diese Schiedsrichterentscheidung doch viel Potential, die DEL samt Berichterstattung gründlich zu hinterfragen. Vielleicht deckt ihr ja die ein oder andere Ungereimtheit auf.
    Gibt es so etwas wie investigativen Sportjournalismus? ;-)

  2. Thomas
    22.03.2016

    Die Fernsehbilder zeigen deutlich, dass der Kölner Spieler Jones zum Zeitpunkt des Schusses im Torraum stand (in den er ohne Fremdeinwirkung rückwärts hineingefahren ist). Somit absolut regelkonform, dass abgepfiffen und das Tor nicht gegeben wird. Und absolut regelkonform dass er zeitgleich die Strafe gegen Baxmann anzeigt, der Jones den Schläger entrissen hat. Solche Verschwörungstheorien sind ja echt immer ein bisschen niedlich :-)

  3. Der DEL-Schiedsrichterbeauftragte Holger Gerstberger hat am Montag den Fehler von Gordon Schukies und Stephan Bauer beim nicht gegebenen Treffer zum vermeintlichen 1:1-Ausgleich eingeräumt. Gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger sagte Gerstberger: “Es ist nicht unser Anspruch, dass so etwas passiert.”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.