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“Die Lösung der Probleme im zweiten Drittel müssen wir woanders suchen”

KEC-Headcoach Peter Draisaitl - Foto: Andreas Dick

Seit dem Trainerwechsel bei den Kölner Haien ist die Saison mit großen Schritten vorbeigeflogen. Vor der Olympia-Pause trafen wir Peter Draisaitl zum Exklusiv-Interview und sprachen mit dem KEC-Headcoach über seine Herangehensweisen, Ansichten und Bauchentscheidungen.

Draisaitl: “Mit Strafen kommt man letztendlich nicht weit”

Herr Draisaitl, als Sie das Traineramt hier in Köln übernommen haben, waren die Aufgabenstellungen sehr vielschichtig. Das Team musste mental wieder aufgebaut, konditionelle Defizite mussten behoben, Anpassungen im System vorgenommen, die Defensive stabilisiert, funktionierende Reihen gefunden und nebenbei Spiele gewonnen werden. Und dazu dann bitte auch immer noch ein freundliches Gesicht für die Presse machen. Hatten Sie sich das im Gesamtpaket so vorgestellt?

Ja, absolut. Das große Problem dabei in dieser Saison war, dass das alles getan werden musste, ohne eigentlich trainieren zu können und ohne Zeit für großartige Meetings zu haben. In diesem 48-Stunden-Rhythmus – manchmal ein Tag mehr – muss man sich fragen, wieviel Informationen können die Spieler überhaupt vertragen? Das war das große Problem. Wenn wir größtenteils normale Wochen gehabt hätten, dann kann man sich auch schonmal einen Tag auf eine Sache konzentrieren und Dinge wirklich detailliert durchgehen oder sich auch mal ein bisschen mehr um die Psyche kümmern oder das eine oder andere Meeting oder Gespräch einschmeißen. Aber das alles kommt ein bisschen zu kurz, wenn man dreimal die Woche spielt. Die Mannschaft muss ja auch auf den jeweiligen Gegner vorbereitet werden, nachdem man das letzte Spiel analysiert hat. Da muss man sehr behutsam gucken, dass man die Spieler nicht überfrachtet mit Informationen – und auch mit Zeit. Zeitmanagement ist auch wichtig. Die müssen ja auch irgendwann aus der Kabine raus. Man kann sie ja schlecht achtzehn Stunden am Tag hier festhalten. Das wäre nicht im Sinne des Erfinders.

Zu Beginn Ihrer Amtszeit brauchten ein paar Charaktere ein bisschen “Einnordung”. Sind Sie inzwischen weggekommen vom – nennen wir es – Straf-Benching und angekommen bei Line-Up-Optimierung?

Ja. Das sollte generell der Fall sein. Mit Strafen kommt man letztendlich nicht weit. Das kann es definitiv nicht sein. Diese Lösung kann vielleicht hier und da mal ein Denkanstoß sein, aber ansonsten kommt man damit nicht weit. Wir haben hier eine Situation, die wir uns selber geschaffen haben, in dem wir zum Beispiel die Ausländerlizenzen ausgeschöpft haben. Außerdem haben wir uns eine Situation geschaffen, in der wir lieber mit sechs Verteidigern als mit sieben spielen. Die Konsequenz daraus ist nun mal, dass mehrere Spieler nicht ins Line-Up kommen, wenn alle gesund sind. Das müssen wir versuchen, zu moderieren und zu managen.

Den siebten Verteidiger würden Sie in den Playoffs aber schon als Versicherung mit auf die Bank nehmen?

Über Playoffs möchte ich jetzt noch nicht reden. Erstmal haben wir hier noch Tagesgeschäft. Aber generell beginnt in den Playoffs eine ganz neue Saison und ein ganz neues Spiel. Das hat dann mit der Vorrunde rein gar nichts mehr zu tun. Dann kann alles anders sein.

“Ich bin schon emotional dabei”

Eine Sache, die Sie wieder eingeführt haben, ist der Morning Skate. Auch an Spieltagen ist die Mannschaft vormittags auf dem Eis, wenn das Spiel erst am Abend ist. Ohne Vorwurf an Cory Clouston, aber Sie haben in dem Punkt einen anderen Ansatz?

Eigentlich gar nicht so sehr. Zuletzt in Nürnberg beispielsweise war der Morning Skate freiwillig. Da haben wir das anders geregelt. Oder in München, wo wir eine Eiszeit um 12:00 Uhr hatten, was eigentlich schon zu spät ist. Auch da haben wir eher in der Kabine trocken trainiert mit Arne [Greskowiak, Fitnesscoach der Kölner Haie, Anm.d.Red.]. Wir passen uns da also auch an. Dass ich jetzt ein absoluter Verfechter des Morning Skate bin, ist nicht so.

Wenn man Ihre Trainingseinheiten beobachtet, dann machen Sie beim Stretching am Ende schon mal Scherze mit den Jungs. Ich habe Sie aber auch schon Übungen unterbrechen sehen mit einem ziemlich lauten „What the fuck!“. Wie emotional ist der Trainer Peter Draisaitl?

Ich kann das ja nicht wegnehmen von mir. Ich kann hier einen auf super-cool oder super-abgeklärt machen. Das ist dann oft auch Fassade. Ich bin schon emotional dabei. Mein Job ist es, im Coaching die richtige Balance zu finden. Jeden Tag nur auf die Spieler einbrüllen – da wäre man nach drei Wochen durch.

Felix Schütz hat nach dem letzten Bremerhaven-Spiel gesagt, dass die Mannschaft inzwischen konditionell besser unterwegs ist als vor ein paar Monaten. Als Beleg dafür nannte er, dass man im letzten Drittel nochmal hat nachlegen können. Ist das auch Ihr Eindruck von der Konstitution des Teams?

Ich sehe uns auf jeden Fall nicht in der Problematik, im letzten Drittel nichts mehr im Tank zu haben. Es war ja jetzt eher immer das Problem des zweiten Drittels. Das lässt sich immer schwer nachweisen. Aber sagen wir mal so, ich wäre sehr froh, wenn die Problematik Kondition keine mehr ist. Die Lösung der Probleme im zweiten Drittel – speziell hier in der Lanxess Arena – müssen wir woanders suchen.

“Checking-Line ja oder nein?”

Mit der Zusammensetzung der Sturmformationen waren Sie zuletzt zufrieden. Es gibt aber immer noch den gelegentlichen Wechsel zwischen Philip Gogulla und Ryan Jones in den Reihen zwei und drei. Gogulla verleiht der dritten Reihe ein bisschen mehr Offensive. Wenn die Formation aus Krämmer-Hospelt-Jones besteht, ist sie eine ziemlich zuverlässige Shutdown-Reihe. Wenn Sie von Balance im Line-Up sprechen, zu welcher Konstellation tendieren Sie längerfristig?

Ja, wir haben einiges probiert. Gogulla hat mir in der Reihe auch nicht schlecht gefallen. Die Frage ist, Checking-Line ja oder nein? Ich habe schon Teams gecoacht, in denen es eine klassische Zerstörer-Reihe gab, aber auch Teams, bei denen es komplett anders war. Sicherlich sind Jonesy, Kai und Nico für diese Aufgaben prädestiniert. Ich schicke sie ja auch schonmal neben dem normalen Turnus raus, wenn ich meine, dass eine Reihe gerade zu viele Freiheiten hat. Sie sind sehr, sehr systemdiszipliniert. Aber ich bin nicht sicher, ob das die richtige Lösung ist, sie wirklich nur für diese Aufgabe abzustellen.

Sehen Sie das als DEL-spezifisch, weil sich hier kaum ein Coach die Mühe macht, Reihen zu matchen, bzw. lieber die Reihen konsequent rotiert?

Es ist hier wirklich ein bisschen schwierig, die Reihen zu matchen. Wenn ich mir hier die meisten Line-Ups angucke, dann ist es oft genug schwer zu identifizieren, wer eigentlich die erste, zweite oder dritte Reihe des Gegners ist. Dann erübrigt sich das Thema sowieso schon. Gegen Krefeld kann man darüber reden, weil die sehr viel über ihre erste Reihe gemacht haben. Da kann man sowas mal machen. Aber dann kann man sich fragen: Ist es aufgegangen? Wenn ich nicht das Recht des letzten Wechsels habe, ist es oft besser aufgegangen als hier zuhause. Aber die Teams sind hier zum großen Teil einfach anders gebaut und teilweise bis in die dritte, vierte Reihe tief besetzt. Was will man gegen Nürnberg oder München groß matchen?

“Die große Revolution gab es ja gar nicht”

Wir haben in den letzten Wochen viel über die Sturmformationen gesprochen, aber kaum über die Verteidiger, bei denen es ja durchaus auch viel Bewegung gab.

Wir haben einen groben Fahrplan, was das Coaching der Verteidiger angeht, aber Greg Thomson hat da absolut freie Hand. Das heißt, er coacht seine Verteidiger, wie auch immer er es für richtig erachtet. Offensive Bullys, defensive Bullys, Eiszeit – was auch immer. Das ist vollkommen in der Hand von Greg. Er macht da einen Super-Job.

Dass es die Systemanpassung gab, die Verteidiger nicht mehr so aggressiv pinchen zu lassen und den Fokus eher auf die defensivere Ausrichtung in der Neutralen Zone zu legen, war aber schon Ihre Philosophie?

Auf jeden Fall. Im Prozess ging es am Anfang ja vor allem darum, von vier, fünf oder sechs Gegentoren pro Spiel runterzukommen. So gewinnt man gar nichts. Aber ich möchte das nochmal klarstellen: Die große Revolution gab es ja gar nicht. Wir wollen ja trotzdem in den Forecheck kommen. Wir wollen unser Team ja nicht mit fünf Mann in der Mittelzone stehen haben. Das ist nicht der Punkt. Der Forecheck ist insgesamt nur in kleinen Details angepasst worden. Wir wollen immer noch in der selben Grundordnung diese Systemsachen sehen. So viel haben wir wirklich nicht geändert. Das wäre auch kontraproduktiv. Wir haben das Grundbild auf dem Eis ein bisschen verändert mit dem 1-2-2 in der Mittelzone. Aber selbst dann ist es eher eine Frage der Details und des Schlittschuhlaufens. Das System ist egal, wenn die Leute nicht ihre Laufwege und Positionen einhalten.

Wie bewerten Sie die Systemtreue inzwischen?

Größtenteils sehe ich uns da schon einigermaßen stabil. Ich sehe die größere Problematik eher in der Ausführung, also wie man was macht.

“Man wälzt Pros und Contras hin und her”

Die Goalie-Situation wird ja nach der Olympia-Pause wieder eine werden, wenn auch Justin Peters zurück ist. Wie muss man sich den Vorgang der Entscheidungsfindung über den Starting-Goalie eigentlich vorstellen? Wie sehr ist da Jonas Forsbergs Meinung ausschlaggebend?

Ich lege großen Wert auf Jonas‘ Meinung. Nicht nur in der Goalie-Frage. Wir diskutieren mit ihm auch andere team-betreffende Dinge. Wenn er nicht da ist, wird telefoniert. Natürlich muss ich dann in letzter Konsequenz entscheiden. Man wälzt dann halt die Pros und Contras hin und her. Und manchmal muss man einfach auf sein Bauchgefühl hören. Auch wenn sich das blöd anhört, aber das ist halt manchmal so. Aber wir haben natürlich mit Gustaf Wesslau einen Goalie, der zum Besten gehört, was die Liga zu bieten hat. Es ist also generell schwer, an Gustaf vorbeizukommen. Wenn er in einer adäquaten Form spielt, dann macht er es einem sehr schwer. Wären wir jetzt in einer Tabellensituation wie beispielsweise München, dann würden wir uns leichter tun. Schließlich haben wir den Dshuno auch noch. Der darf nicht unter den Tisch fallen, weil er einfach jeden Tag im Training und jedesmal, wenn wir ihn brauchen, für uns da ist. Und dabei ist er auch noch positiv für die Truppe und sorgt für gute Stimmung.

Ein Gustaf Wesslau zeichnet sich ja eigentlich durch eine große Konstanz über die Jahre seiner Karriere aus. Zwei von den drei Toren, die er sich im letzten Spiel gegen Berlin gefangen hat, waren mindestens Wesslau-untypisch. Wie hat das der Trainerstab wahrgenommen? Vielleicht sogar als Warnsignal?

Genau so. Aber zu allererst mal ist auch ein Gustaf Wesslau nur ein Mensch. Wir waren uns da hundertprozentig sicher, dass ihm die Gegentreffer nicht gepasst haben und dass er im nächsten Spiel zurückkommen würde – egal, ob das nun gegen Nürnberg ist oder wen auch immer. Ich muss zugeben, dass wir ein bisschen Bauchschmerzen hatten mit dem München-Spiel. Da haben wir lange überlegt, wie wir damit umgehen und uns dann aber letztendlich auch wieder für Gustaf entschieden.

Und damit kommt Gustaf auch klar?

Ja. Die tieferen Gespräche mit ihm, das macht der Jonas. Da quatsche ich den Jungs nicht viel rein. Aber letztendlich gehört das mit zum Gesamtpaket. Wenn ich mich für einen guten Profi halte und halte was auf mich, dann gönne ich mir mal ein Off-Spiel, aber das reicht dann auch. Es ist ja generell so, dass die guten Spieler einen Weg finden zurückzukommen.

Heißt, er ist auch der Typ, wenn runtergefallen vom Pferd, dann sofort wieder aufsteigen?

Ja. Am besten ja. So sehe ich das. Und so sehe ich das auch bei den Top-Spielern auf der ganzen Welt, dass sie direkt wieder zurückkommen. Die wollen eine schlechte Leistung nicht lange auf sich sitzen lassen.

“Balance zwischen Fakten und Bauchgefühl gehört dazu”

Das Stichwort „Bauchgefühl“ oder „Bauchentscheidung“ fällt bei Ihnen schon häufiger mal. Ein wie großer Faktor ist das in Ihrem Coaching?

Ich habe in meiner Position als Headcoach schonmal meine Co-Trainer überstimmt. Auch in Sachen Goaliefrage, weil ich dachte, nee, das machen wir jetzt anders. Aber auch hier ist es halt wichtig, die Balance zu finden – eben zwischen dem Bauchgefühl und den harten Fakten. Die Nummern und die Statistiken lügen nicht. Sie sind da und man kann sie einordnen. Sicherlich kann man mal eine Plus-Minus-Statistik außen vor lassen. Aber ansonsten sind die Nummern da. Man hat also die harten Fakten und dann die Bilder dazu. Wir haben heute die Möglichkeit, uns wirklich jede Bewegung im Detail vor und zurück anzugucken. Und dann sind es aber auch immer noch Menschen, die das Spiel spielen. Die Balance zwischen harten Fakten und Bauchgefühl gehört auch immer dazu.

Sind Sie ein Freund von Advanced Stats? Fließen die in ihre Überlegungen und Bewertungen mit ein?

Jein. Also, ja, aber mit Vorsicht. Es ist schon interessant zu sehen, wer zum Beispiel die meisten O-Zone-Entrys [Eintritte ins Angriffsdrittel, Anm.d.Red.] hat. Natürlich sagen solche Statistiken schon viel über die Qualität eines Spielers aus. Contribution to scoring chances [Mitwirkung an Torchancen, Anm.d.Red.] – das muss man wissen. Gerade bei Stürmern im Powerplay oder die das Kreative und Offensive tragen sollen, will ich schon sehen, wie oft war der eigentlich an einer Torchance beteiligt. Das Gleiche gilt andersherum natürlich auch auf der defensiven Seite der Scheibe. Zusammen mit dem, was man im Spiel sieht, hilft das, ein komplettes Bild zu erhalten.

“Charaktere und Mentalität ändern sich”

Sie haben als Trainer über lange Jahre die Entwicklung von Mannschaftsstrukturen beobachten können. Es fehlen mittlerweile die ultimativen Leitwölfe, wie es hier in Köln beispielsweise ein Alex Hicks war oder auch ein Steve Walker in Berlin, die einfach kompromisslos den Ton angegeben haben. Sind die Kabinen heute basisdemokratischer geworden und weggekommen vom “autoritären System”?

Das auf jeden Fall. Ja. Es entwickelt sich alles irgendwohin. Die Charaktere und auch die Mentalität ändern sich. Die Kabinen sehen heute auf jeden Fall anders aus, als das zu meiner Spielerzeit der Fall war. Es ist überflüssig zu fragen, ob das gut oder schlecht ist. Es ist, wie es ist. Damit haben wir alle klarzukommen. Die Frage ist, ob man Topspieler, die echte Leitwölfe sind, in die DEL lotsen kann. Wir wissen letztendlich, wie der Markt aussieht. Ich weiß, was solche Spieler in der KHL verdienen, und zum Teil auch in der Schweiz oder in Schweden. Es ist sehr schwer, diese Spieler nach Deutschland zu holen.

Die Verpflichtung von Alexandre Bolduc hatte ja ursprünglich die Idee dahinter, genau so einen Charakter oder so einen Typen zu den Haien zu holen.

Ja. Es war wirklich Pech, dass er sich im Sommer diese unglückliche Verletzung zugezogen hat. Das war nicht nur sehr schade für Alex, sondern auch für unser ganzes Team hier. Ich denke auch, dass Alexandre Bolduc ein Typ ist, der eine Kabine beeinflussen kann. Ohne viel zu sagen. Das würde auch heutzutage keiner mehr hören wollen. Aber in kleinen Gesten und mit manchmal einer kurzen Ansprache ist der Alex durchaus einer, der das Anforderungsprofil erfüllt.

“Freue mich auf Dumont, Tiffels, Köhler”

Unter Ihren Vorgängern hier gab es höchst unterschiedliche Ansichten zum Thema, Nachwuchsspieler ins Profi-Training zu involvieren. Wie ist Ihre Haltung grundsätzlich dazu?

Immer gerne! Wir haben ja zum Beispiel schon ein Problem, wenn wir für eine Übung acht Verteidiger brauchen. Da sind dann heute zum Beispiel Boucher und Wruck eingesprungen. Ich bin immer offen dafür. Auch jetzt in der Pause, wenn uns drei Jungs fehlen. Da möchte ich unbedingt Jungs aus dem Nachwuchs hier haben. Je mehr, desto besser. Wir wissen noch nicht, ob wir das hinkriegen.

Weil die Profis vormittags trainieren und jüngere Menschen noch zur Schule müssen?

Ja, genau. Die Frage ist noch, ob die Jungs überhaupt können. Aber mich interessiert es schon sehr, wie weit die Jungs sind bzw. wie weit sie weg sind.

Nach den Einsätzen von Lucas Dumont bei den Profis haben Sie schon gesagt: „An dem werden wir noch viel Freude haben.“ Das ist ja nicht unbedingt ein typischer Vierte-Reihe-Spieler –

Auch heute noch müssen sich die Spieler auch mal irgendwas verdienen. Aber ich freu mich auf den Jungen. Ich bin auch sehr daran interessiert, wie sich Tiffels weiterentwickelt hat. Und dann Mick Köhler eventuell. Das sind interessante Jungs. Ich freu mich auf die.

Ich wollte eigentlich darauf hinaus, dass es für junge Spieler bei großen Clubs wie den Kölner Haien schwierig ist, es aus der vierten Reihe hinaus zu schaffen, weil für die Top-9 einfach schonmal eingekauft und die schwer zu knacken ist.

Das ist korrekt, ja. Aber das ist doch genau der Ansatz. Wir können hier bei den Kölner Haien nicht sagen, wir haben keine dritte und vierte Reihe. Das geht nicht. Dafür ist der Anspruch hier zu hoch. Aber das ist genau das, worum es geht. Die jungen Spieler müssen dieses Line-Up knacken wollen. In der Hinsicht müssen sie mit Sicherheit auch mehr tun als irgendein Veteran. Ich sehe daran nichts Verwerfliches.

“Kann das Rad innerhalb von drei Wochen nicht neu erfinden”

Haben Sie sich für die Olympia-Pause noch konkrete Punkte vorgenommen, an denen Sie mit der Mannschaft arbeiten wollen?

Ein bisschen was schon. Ich denke da jetzt nicht unbedingt an die Special-Teams. Aber es gibt mit Sicherheit noch ein paar Sachen, die ich aufgebessert haben möchte. Das geht auch ohne die drei Jungs, die bei Olympia sind. Wir müssen noch an der Gradlinigkeit arbeiten. Der ganz simple Puck-Support auf dem Eis, unabhängig von Systemen oder vom Positionsspiel. Auch das Vereinfachen des Spiels und mehr Druck zum Tor zu bringen. Da gibt es durchaus noch Sachen, die ich gerne verbessern möchte. Ich weiß aber auch, dass ich das Rad innerhalb von drei Wochen nicht neu erfinden kann.

Wenn man Sie über Eishockey reden hört, dann hat man das Gefühl, Sie denken eigentlich auf Englisch. Ist das so?

Ja, auf jeden Fall. Das Englische gibt einfach das Klarere her. Ich kenne manche Ausdrücke nicht einmal auf Deutsch. Ich brauche dann immer den Greg, um sowas wie ein „Play“ auf Deutsch in einem oder zwei Worten auf den Punkt zu bringen. Da gibt es auch eine nette Anekdote, als ich nach Tschechien gegangen bin. Ich habe gedacht, ich würde tschechisch sprechen. Ich dachte, das hätte ich in ein paar Wochen vor Ort wieder aufgefrischt und alles ist gut. Null. Das sind da ja alles so Eishockey-Professoren. Wofür man im Englischen ein oder zwei Worte braucht, dafür brauchen die drei volle Sätze. Es war die Hölle, bis ich mich da einigermaßen artikulieren konnte. Das Eishockey wird einfach von der englischen Sprache dominiert, selbst wenn man auf Deutsch darüber redet. Aber das passiert dann auch unbewusst.

Wir bedanken uns bei Peter Draisaitl für das Interview!

Soll Peter Draisaitl über den Sommer hinaus Trainer der Kölner Haie bleiben?

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

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3:2-Derbypleite: Haie geben Spiel aus der Hand

7 Kommentare

  1. Thomas
    04.02.2018

    Erstmal Danke für das erneut sehr gute Interview.
    Ein bisschen schmunzel muss ich, dass sich wohl ein kleiner Fehler eingeschlichen hat, oder? “Das Englische gibt einfach das Klarere hergibt” ;-) ?

    Mhm man kann nicht viel verändern? Spannende Einstellung. In Ingolstadt und Iserlohn ging das sehr wohl. Durch den Rythmus sicher nicht leicht, aber möglich durchaus.

    Man kann auch sehr wohl Spieler aus dem Kader werfen, das hat bei einigen Teams gut geklappt. Und in 3 Wochen kann man sehr wohl einiges ändern.

    Und wenn er wirklich glaubt, in den Play-Offs wird alles anders, dann wünsche ich ihm das er recht hat, aber der Glaube fehlt mir bei dieser Mannschaft.

    Und es gibt jetzt noch Konditionelle Rückstände? Ich bin schockiert, am Ende einer Saison!!

    Also mir ergeben sich mehr Fragen als Antworten. Jeder der die Spiele gesehen hat, kann sich ja seine eigene Meinung bilden. Auch das Thema Nachwuchs ist eine Baustelle. Man weiß nicht ob die Spieler zu haben? Kommunikation findet nicht statt oder was? Ich bin langsam Fassungslos über die Aussagen, die nicht immer gut überlegt wirken.

    Jetzt heißt es mal durchatmen und alles in die letzten Spiele werfen. Vielleicht das ein oder andere auch mal auskurieren und ich bin gespannt wie der Kader dann nach der Pause auftritt.

    Gruß
    Thomas

  2. Alexander
    04.02.2018

    Super Interview!Ich denke auch das es Sinn macht freiwillig Trainieren zu lassen daran sieht man ja auch wer wirklich spielen und siegen will und wer nur Geld verdienen will.

    Junge Spieler tun uns immer gut und sie werden die Liga bald hoffentlich dominieren.

    Gut wäre es auch Peters öfter spielen zu lassen er wird durch die Olympia Nominierung nochmals Motivierter sein und das auf dem Eis zeigen.

    Schlecht wäre es zu viel Druck auf immer die gleichen Menschen auf zu bauen das tut dem Menschen und dem Team nicht gut egal ob im Sport oder in einem anderen Beruf.

  3. Bossy
    04.02.2018

    “Haben Sie sich für die Olympia-Pause noch konkrete Punkte vorgenommen, an denen Sie mit der Mannschaft arbeiten wollen?”

    “Ein bisschen was schon.”

    ?

    Über die Formulierung ‘ein bisschen’ stolpere ich zuletzt auch immer öfter bei den Spielerzitaten; mit ‘ein bisschen’ ist es aber längst nicht getan, der aktuelle Status verlangt ein ‘DEUTLICH MEHR’, z.B. bei absoluten Basics wie Laufbereitschaft und Einsatzfreude über mehr als max. 40 Minuten, und in dieser Hinsicht kann man in 3 Wochen sehr wohl einiges erreichen.

    Ansonsten lugt bei den Aussagen von P. Draisaitl überall das Wort ‘Hoffnung’ hervor; Hoffnung, dass die Sorgenkinder ohne Strafe ans Laufen gebracht werden können.. Hoffnung, dass Kondition kein Thema mehr ist.. Hoffnung, dass er die richtige Lösung findet.. Hoffnung, dass Top-Spieler eine schlechte Leistung nicht auf sich sitzen lassen und wieder ‘aufstehen’.. Hoffnung, dass mit den Playoffs alles anders sein wird..

    Tja.

    Was die Hoffnung für den Rest der Saison angeht, da sitze ich als Fan wohl mit P. Draisaitl im selben Boot, das sich aktuell aber eher wie eine wackelige Nussschale anfühlt; Mitternacht im Nordatlantik, Sturmwarnung..^^

  4. Rolliman
    04.02.2018

    ich glaube, das bei den Spielern zwischen den Ohren etwas nicht stimmt, und das Peter an einer größeren Teambuildingmassnahme, auch unter mithilfe von Motivationscoaches, nicht vorbei kommt. wenn man spielerinterviews verfolgt, so wird dort zwar das richtige angesprochen, aber auf dem eis wird das nie umgesetzt….

  5. Bernd Schumalski
    05.02.2018

    Meiner Meinung nach macht Draisaitl das Beste, was aus dem Kader herauszuholen ist. Zudem fehlt es der Mannschaft an leadership. Ich sehe da nur sehr wenige Spielertypen, die dies ausfüllen könnten. Draisaitl hat auch damit recht, das man in kurzer Zeit nicht alles komplett umkrempeln kann. Fehler wurden, wie in den letzten Jahren, schon bei der Teamzusammenstellung zu Beginn der Saison gemacht. Spieler, wie Sulzer oder Hospelt werden ihrem eigentlichen Können nicht gerecht. Ein Zeressen hat sein Limit erreicht. Lalonde, Gogulla oder B.Jones spielen ebenfalls nicht konstant genug. Die Nachverpflichtungen Peters und Thomas reissen nun auch nicht gerade Bäume heraus und warum ein Wruck überhaupt verpflichtet wurde, ist mir bis heute ein Rätsel.

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