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Der Expansion-Draft der NHL

Ein neues Team in der Glücksspiel-Metropole Las Vegas – wie der Kern des neuen Teams am Mittwoch zusammengestellt wird, was das für einen deutschen NHL-Spieler bedeutet und warum auch ein Hai in der Berichterstattung eine (kleine) Rolle spielt.

Die Vegas Golden Knights erweitern die NHL

Viele Jahre zogen sich die Verhandlungen und Vorbereitungen, nun ist es soweit: die NHL öffnet ihre Pforten einem neuen, zusätzlichen Team – den Vegas Golden Knights. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, im Rahmen der jährlichen NHL Awards Zeremonie, erhält das 31. Team der Liga die größten Teile seines neuen Kaders. In einem System wie in der NHL, ohne Auf- und Abstieg, ist eine solche Aufstockung der Liga ein recht komplizierter und extrem interessanter Prozess. Es kommt nicht einfach ein Team aus Spielern aus der nächsthöheren Liga und vertragslosen Spielern hinzu. Weder dem neuen Team in Las Vegas, noch der Liga, die großen Wert auf ihre Ausgeglichenheit legt, ist damit geholfen, wenn der Liganeuling die ersten Jahre bloßes Kanonenfutter darstellt – eine Lehre, die die NHL auch aus den vergangenen Aufstockungen (zuletzt im Jahr 2000 mit den Columbus Blue Jackets und den Minnesota Wild) zog. Für die 500 Millionen Dollar, die das Konsortium um Milliardär Bill Foley alleine an die Liga zahlte, lädt die NHL daher nun zum Expansion Draft.

Wie das neue Team entsteht

Von jedem der 30 anderen Teams darf sich dabei Knights-Manager George McPhee (zuletzt in Washington) einen “ungeschützten” Spieler auswählen. Jedes Team konnte zuvor eine bestimmte Anzahl an Spielern schützen; für die meisten Teams waren dies sieben Stürmer, drei Verteidiger und ein Torwart. Allerdings stand es den Teams auch frei, stattdessen acht Feldspieler unabhängig von ihrer Position und einen Torhüter zu sichern. Talente und junge Spieler, die noch nicht mehr als zwei Profi-Saisons absolviert haben, blieben dabei außen vor. Spieler, die in ihren Verträgen eine “No-Move”-Klausel hatten (um sich gegen jede Art von Transfer zu schützen) und auf diese nicht explizit verzichteten – wie es etwa Penguins-Goalie Marc-Andre Fleury oder Jets-Verteidiger Tobias Enstrom taten – mussten von ihren Teams geschützt werden. Um besonders gut für den Draft aufgestellt zu sein nutzten einige Teams noch die Chance, sich durch Trades zu helfen: so ließen im größten Tausch des bisherigen Sommers die Tampa Bay Lightning in Jonathan Drouin einen noch jungen Starstürmer nach Montreal ziehen und erhielten im Gegenzug das russische Verteidiger-Talent Mikhail Sergachev. Diesen müssen sie für den Draft nicht schützen und konnten so den Platz von Drouin für einen anderen Stürmer nutzen. Ob die Rechnung dahinter für General Manager Steve Yzerman aufgeht, wird natürlich erst die Zeit zeigen.

Shawn Lalonde nach Las Vegas? – Wohl kaum!

Am Sonntag war es schließlich an der Zeit für die Teams, die Liste ihrer geschützten Spieler an die Liga zu übermitteln. Dabei fand sich auch ein für Haie-Fans interessanter Name: auf der Liste ungeschützter Spieler der Chicago Blackhawks findet sich unter anderem der Name “Shawn Lalonde”.

Die Rechte am 27-jährigen Verteidiger, der 2007 von den Hawks gedraftet wurde und in der Saison 2012-13 in einem NHL-Spiel für sie auflief, liegen für die NHL noch beim Team aus Chicago. Mark Mahon wird den Expansion Draft allerdings nicht mit Schweißperlen auf der Stirn verfolgen müssen – die Auflistung von Lalonde ist quasi reine Formalität; die Chance, dass das Team aus Vegas ihn wählt, und damit etwa dem 25-jährigen NHL-Verteidiger Trevor van Riemsdyk vorzieht, ist eher theoretischer Natur und wird mit ziemlicher Sicherheit nicht eintreten. Genausowenig müssen sich die Eisbären Berlin um Louis-Marc Aubry (Detroit) oder die Augsburger Panther um Scott Valentine (Nashville) sorgen.

Grubauer auf dem Sprung zum Starter?

Ein Deutscher, der das Geschehen gespannt beobachten wird, ist Philipp Grubauer. Anders als Thomas Greiss, der von den New York Islanders aus dem Draft gehalten wurde, konnte die Nummer Zwei der Washington Capitals vom Team aus der Hauptstadt nicht zusätzlich zu Star-Goalie Braden Holtby geschützt werden. Nach seinen starken Leistungen in der vergangenen Saison, von denen sich auch die deutschen Fans bei der Heim-WM einen Eindruck verschaffen konnten, ist der 25-jährige Rosenheimer aller Wahrscheinlichkeit nach eines der interessantesten Ziele für die Knights. Aber: dadurch, dass alle Teams nur einen Torhüter schützen können, ist gleich eine ganze Reihe an starken und talentierten Keepern auf dem Markt: Marc-André Fleury dürfte als Wahl aus den Reihen der Penguins fast gesetzt sein. Petr Mrazek wurde nach einer schwachen Saison dennoch etwas überraschend in Detroit nicht geschützt. Calvin Pickard aus Colorado und Antti Raanta aus New York sind weitere interessante Kandidaten. Gut möglich also, dass sich McPhee und die Knights vielleicht doch für Grubauers Teamkollegen Nate Schmidt entscheiden und der Deutsche in Washington bleibt. Ebenso ist es möglich, dass Grubauer am Mittwoch zwar gewählt wird, aber nie ein Heimspiel im Bundesstaat Nevada absolviert – die Chance ist gut, dass Vegas gleich fünf oder mehr Torhüter wählt, und zwei bis drei von ihnen noch vor der nächsten Saison per Trade zu anderen Teams schickt. Eine geruhsame Zeit wartet auf unseren Nationaltorhüter damit vermutlich nicht.

Vor und nach dem Draft kommen die Trades

Der Draft am Mittwoch wird allerdings neben den eigentlichen Spielerwahlen – den Picks – auch von einer erheblichen Zahl an Deals geprägt sein. Jedes Team kann und konnte mit Vegas frei verhandeln und sie etwa mit Talenten oder Draft Picks aus dem Entry Draft für Jugendspieler bezahlen, damit sie einen oder gleich mehrere Spieler, die das alte Team nicht schützen konnte, bei ihrem Team belassen. Aber auch die Konkurrenz sieht natürlich, welche Spieler sich Vegas zum Nulltarif holen könnte, und kann McPhee wissen lassen, dass man selber ein gutes Angebot abgeben würde, falls Spieler X nach dem Draft auf einmal ein Golden Knight ist. Der Vegas-GM kündigte am Dienstag bereits an, dass er schon mindestens sechs Trades mit anderen Teams unter Dach und Fach hat. Die Anzahl kann noch steigen und auch nach dem Draft wird das Telefon in Las Vegas sicher nicht still stehen.

Insteressante Optionen bei den Verteidigern

Neben den verfügbaren Torhütern lässt vor allem der Markt für Verteidiger vermuten, dass der Liganeuling bereits in der Premierensaison eine respektable Rolle spielen könnte. Namen wie Sami Vatanen oder Josh Manson (je Anaheim), Matt Dumba oder Marco Scandella (je Minnesota), Marc Methot (Ottawa), Zach Bogosian (Buffalo), Brayden McNabb (Los Angeles), Jason Demers (Florida), nebst vielen weiteren, sind durchaus ansehnliche Bausteine, auch wenn einige von ihnen durch die besagten Deals nicht in Vegas landen werden. Für die Teams, die doch einen wichtigen Mann an die Golden Knights verlieren, gilt es sich anderweitig zu trösten – helfen könnten dabei die $17 Millionen, die jedes Team für diese Unannehmlichkeiten durch den Ligabeitritt der Knights erhält.

Stürmer: Die Qual der Wahl

Im Sturm zählen James Neal (Nashville), Bobby Ryan (Ottawa) und Eric Staal (Minnesota) zu den relativ wenigen größeren Namen, die aber wegen Alter (Staal) oder überzogenem Gehalt (Ryan) vielleicht nicht einmal zu den Favoriten in den Plänen der Knights gehören.  Neben der Wahl einiger jüngerer Spieler wie zum Beispiel Jonathan Marchessault (Florida), Brock Nelson (New York Islanders) oder William Karlsson (Columbus) wird Manager McPhee auf anderen Wegen versuchen, auch etwas offensives Flair in seinen Kader zu bekommen. Ein erster Schritt war die Verpflichtung von KHL-Star Vadim Shipachyov, den Haie-Fans bereits bei der WM im Mai bewundern konnten. Auch auf dem Markt der vertragslosen Spieler aus der NHL dürfen die Knights vor allen anderen Teams ihre Fühler bzw. Kugelschreiber ausstrecken – in Alex Radulov wäre eine weitere russische Attraktion verfügbar. Ob Veteranen wie Joe Thornton oder Patrick Marleau allerdings dem Ruf von Vegas erliegen, erscheint zweifelhaft; denn auch, wenn es den Knights von Anfang an besser ergehen sollte, als den letzten Liga-Neuankömmlingen, so wird es wohl doch ein Weilchen dauern, bis man in Vegas zu den Favoriten um den Stanley Cup gehört. Knights-Besitzer Bill Foleys Plan für das Team sieht das Erreichen der Playoffs im dritten Jahr und den Gewinn des Stanley Cups im sechsten oder siebten Jahr des Bestehens vor.

Lasst die Show beginnen!

Für alle neuen Fans der Vegas Golden Knights, für die eingefleischten Fans der ganzen Liga und für die Fans und Freunde von Philipp Grubauer erwartet uns somit eine spannende Nacht von Mittwoch auf Donnerstag. Um das ganze Event möglichst dramatisch zu gestalten, wies die NHL die Teams an, ihre Deals mit dem Team aus Vegas vor der Presse streng geheim zu halten – erst in der Nacht soll alles aufgedeckt werden. Ein englisches  Sprichwort sagt: “When in Rome, do as the Romans do.” Sprich: Wenn man in Rom ist, soll man sich wie ein Römer verhalten. Unabhängig davon, wieviel von diesem Sprichwort beim durchschnittlichen US-Touristen hängengeblieben ist, so hat es jedenfalls die NHL beherzigt. Wenn man in Las Vegas ist, macht man es im Vegas-Stil: mit einer nicht zu dünn aufgetragenen Show.

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