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DEL stellt KI-gestützten „SOOB“-Disziplinarausschuss vor

Das Logo von SOOB, der KI-basierten Disziplinarausschuss-Software (Quelle: DEL)
Das Logo von SOOB, der KI-basierten Disziplinarausschuss-Software (Quelle: DEL)

Ihr habt es natürlich schon erraten: Das war unser Aprilscherz! April, April! ;-)

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Der Stolz war Gernot Tripcke in einer zweiten, nach der Pressekonferenz zum Spiel der Kölner Haie gegen den ERC Ingolstadt angesetzten Pressekonferenz der DEL deutlich anzumerken. „Eishockey ist die schnellste Mannschaftssportart der Welt. Wenn wir bestmögliche Entscheidungen wollen, müssen wir bestmögliche Technologien einsetzen. Wir verschließen uns nicht vor der Zukunft – wir umarmen und gestalten sie“, so der Geschäftsführer der DEL.

Gemeinsam mit den Projektpartnern, den Forschern des “Deutsches Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz” sowie den Instituten für „Künstliche Intelligenz“ der Universität Ulm und für „Digital Humanities“ der Universität Köln, präsentierte Tripcke am gestrigen Sonntag die KI-basierte Disziplinarausschuss-Software, die schneller, mehr und fehlerfreier alle zur Verfügung stehenden Daten analysieren soll. „Die Erprobungsphase des KI-basierten digitalen Disziplinarausschusses „SOOB“ während der Saison 2018/2019 hat aus unserer Sicht hervorragend funktioniert“, so Tripcke: “Der Software wurden nach und nach mehr Zugriffsrechte gewährt; die Playoffs hat sie nun alleine gesteuert.”

„Der Mensch macht Fehler und lässt sich von Emotionen oder persönlichen Befindlichkeiten leiten. Die Technologie – irgendwann – nicht mehr. Die KI lernt aus jeder Situation, aus jedem Spiel und bewertet identische Situationen irgendwann verlässlich immer gleich. Beim Menschen hatten unsere Gesellschafter da zuletzt doch erhebliche Zweifel.“

Bündelung verschiedener Forschungsstandorte

Die Bekanntgabe erfolgte zeitgleich mit der Eröffnungsshow der weltgrößten Industriemesse in Hannover, bei der Technologien wie 5G und Künstliche Intelligenz im Zentrum stehen sollen. Es ist ein Vorzeigeprojekt, insbesondere der beiden deutschen Universitäten, welches auf einem gemeinsamen Stand der Öffentlichkeit präsentiert wird.

SOOB ist ein so genanntes “selbstverifizierendes Computersystem”, welches im Messeleitbereich „Research & Technology“, Halle 2, Stand C59 von Teilen seiner Programmierer erklärt wird. “Selbstverifizierend” ist es, da es sich nicht durch externe Eingaben beeinflussen lässt. Vielmehr versichert es sich durch immer gleiche Reproduktionsschleifen sozusagen immer wieder selbst, bei einer Entscheidung richtig zu liegen.

Zur weiteren Arbeit stiftete Dietmar Hopp eine Junior-Professur an der Universität Mannheim, welche durch die Arbeit an SOOB den Forschungszweig “Künstliche-Intelligenz-Methoden zur Modellierung und Analyse von Verhalten” vertieft erforschen soll.

Eishockey – auch in der Vergangenheit Vorreiter

Tripcke sieht den Eishockeysport hier in einer Vorreiterrolle. „Der Videobeweis ist im Eishockey Jahre vor dem Fußball eingeführt worden. Wir waren damals Vorreiter und auch beim nächsten logischen Schritt, der Nutzung von Künstlicher Intelligenz bei der Bewertung von Spielsituationen, sind wir das“, so Tripcke weiter: „Wir gehen diesen Schritt gemeinsam mit der Wissenschaft und erwarten, dass viele Sportarten folgen werden.“

Für die Mitarbeiter der Arbeitsgruppe der beiden Hochschulen war es ein Projekt, das so nur beim Eishockey funktionieren konnte. „Im Gegensatz zum Fußball können wir uns im Eishockey frei bewegen. Im Fußball erschwert die Vielzahl von Rechteinhabern die Zugänglichkeit von Daten. Beim Eishockey zeigten sich sowohl „Magenta Sport“, als auch die Arenatechniker sehr kooperativ“, stellt Stephan Glimm dar: „Die KI benötigt so viele Daten wie möglich; nur dann kann sie Situationen erkennen und aufzeigen.“

„Magenta Sport kann bis zu 5 HD-auflösende Videostreams einspeisen; zudem fließen etwa die non-stop-laufende „Über-Tor-Kameras“ sowie weitere Bilder des jeweiligen Arena-TV-Signals in den SOOB-Server ein.

„Soob“ im Test – eine Operation am lebenden Herzen

Es war dem Geschäftsführer anzusehen, dass ihn die Kritik seines Arbeitgebers aus Straubing unter der Saison durchaus getroffen hatte. „Einerseits hat uns die Kritik von Gesellschaftern an der Sportgerichtsbarkeit deshalb gestört, weil sie genau wussten, dass „SOOB“ noch in der Testphase war. Eine KI kann nicht von jetzt auf gleich funktionieren. Dies war den Gesellschaftern bekannt!“, so Tripcke. Die Etablierung von „SOOB“ unter Realbedingungen sei eine „Operation am lebenden Herzen“ gewesen. Die KI hätte „in Echtzeit“ lernen müssen.

Weiter kritisiert er, dass „von den Gesellschaftern gleich mehrere Regelungen kritisiert wurden, die diese erst vor einem Jahr selber beschlossen haben“ und fragt: „Wie soll sich eine KI auf eine solche Wankelmütigkeit einstellen? Sie kann eine solche Kehrtwende nicht logisch bzw. algorhythmisch nachvollziehen.“

Boos hat einen „guten Job“ gemacht

Gernot Tripcke bedankte sich ausdrücklich auch bei Tino Boos, dem bisherigen Leiter des Disziplinarausschusses: „Er hat während der Testphase für die Ergebnisse der KI seinen ‚Kopf hingehalten‘ und die Ergebnisse der KI unter seinem Namen veröffentlicht. Hierfür hat er auch viel Kritik einstecken müssen. Er hat das aber klaglos ertragen; zum Wohle der neuen Technologie und des deutschen Eishockeys.“

Auf Nachfrage erklärt er weiter: „Wir sind Tino Boos sehr dankbar. Er hat über Jahre einen guten Job erledigt. Er wird nun endgültig in die zweite Reihe rücken und nur noch dann Entscheidungen treffen, wenn etwa ein Serverausfall erfolgt.“

Die finanziellen Mittel, die durch die Reduzierung der Mittel für Boos frei werden, investiert die DEL in ein eigenes Rechenzentrum in Duisburg. Hier soll „SOOB“ „beheimatet“ sein.

KI zeigt noch Schwächen

Dass „SOOB“ zuvor noch Schwächen offenbarte, musste auch Tripcke einräumen. „Wir haben gesehen, dass die KI bis zuletzt teilweise noch Probleme dabei hatte, identische Situationen nachvollziehbar miteinander zu vergleichen. Während der Hauptrunde gibt es so viele Spiele, da hat das niemand so recht mitbekommen. Da waren es nur die ‚ganz großen Klopse‘, die auffielen. In den Playoffs aber ist es natürlich etwas anderes. Auch darum treten wir heute vor die Öffentlichkeit.“

„So war für niemanden nachvollziehbar, warum SOOB zur Bestrafung des Kölners Moritz Müller zur Verschärfung der Strafe heranzog, dass das Spiel bereits entschieden gewesen sei. Bei der Bewertung der Situationen am Ende von Spiel 6 hat sie diesen Umstand auf Ingolstädter Seite jedoch ignoriert. Dass die Ingolstädter sogar nach dem Abpfiff noch weiter Kölner zum Kampf aufforderten, hätte fast zu einem Systemabsturz geführt. Dieses Szenario war nicht vorgesehen.“

Auch dass der Ingolstädter Ramoser „nicht kampfbereit“ gewesen sei, führte die KI an. „Als Jobke dann Després von hinten angreift, obwohl dieser zu keinem Zeitpunkt eine Hand erhoben hatte, hätten wir mit einer ähnlichen Strafe gerechnet.“

„Die Projektgruppe hat uns dann erklärt, dass SOOB noch Probleme mit der Bewertung einer Situation hat, in der ein Spieler einen anderen schützen bzw. einen Aggressor wegreissen will. Wir haben dahingehend den Spielern empfohlen, sich im Zweifel einfach flach auf den Boden zu legen. Wir sind hier aber auch noch zu keiner eindeutigen Interpretation von SOOB gekommen. Jobke prügelte ja noch weiter auf Després‘ Kopf ein, als dieser schon auf dem Eis kniete und nur noch seinen Kopf schützen wollte. Da haben wir alle die Beurteilung nicht verstanden.“

SOOB – gradlinig, verlässlich, kompetent

Eine letzte Rückfrage nach dem Ursprung des Projektnamens „SOOB“ beantwortete Tripcke noch: „Wir haben nach einem Namen gesucht, der kurz ist und Kompetenz ausstrahlt. Die Forschungsgruppe der Hochschulen hat uns dann ‚Soob‘ empfohlen.

Das weiche ‚S‘ mit dem lang-gesprochenen Doppel-O und das leicht betonte ‚B‘ am Ende ist für das menschliche Gehirn positiv besetzt, wirkt gradlinig, verlässlich und kompetent. Würde man die Buchstaben umdrehen, käme das menschliche Gehirn intuitiv zu einem komplett umgekehrten Schluss. Schon spannend unser menschliches Gehirn, oder?“

Über den Autor: René Guzmán

René hat Haimspiel.de 2003 zusammen mit Dennis gegründet. Mit Tobias hat er die allererste Radioübertragung aus Iserlohn gesendet. Er war Mitglied des Vorstandes des KEC "Die Haie" e.V., 2010 war er an der Organisation der Ausstellung "Powerplay - Eishockey in Köln" zur Eishockey-WM im Deutschen Sport und Olympia-Museum beteiligt, hat seine Staatsexamensarbeit zum Thema "Eishockey in Deutschland bis 1945" verfasst und z.B. das "Wir sind Haie!"-Logo und das Logo des Haie-Fanprojekts entworfen.

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8 Kommentare

  1. Tacki
    01.04.2019

    Beängstigend und in keinster Weise eine Lösung für das wirkliche Problem.

    Die Schiedsrichterleistungen sind häufig schlecht und die Entscheidungen teilweise, bis gar nicht nachvollziehbar. Was auf der einen Seite noch OK war, wird auf der anderen Seite mit 2 Minuten belegt. Das ist das wahre Problem, hier muss nachgebessert werden.

    Mir ist nicht wohl dabei, einer KI Entscheidungen über nachträgliche Strafen treffen zu lassen, ohne diese zu hinterfragen, wie es ja anscheinend derzeit praktiziert wird.

  2. Tacki
    01.04.2019

    BTW, schöne Ente 😂

  3. Aprilscherz
    01.04.2019

    Wenn ja nicht der 1. April wäre….

  4. dagi
    01.04.2019

    Nette Ente, hat aber was. Neue Sportart Bodenliegeishockey :)

  5. Jochem
    01.04.2019

    Schoener aber leicht zu durchschauender Aprilscherz!

  6. Pingu II
    01.04.2019

    Nette Story. Wenn man sich allerdings so manche Entscheidung der DEL-Sportgerichte anschaut stellt sich mir eine Frage: Seid ihr sicher, dass ihr Euch die Story wirklich nur ausgedacht habt?

  7. Christian
    01.04.2019

    Vielen Dank für diesen Artikel, ich habe Tränen gelacht. Soob ~ Boos. Ein sehr satirischer Seitenhieb auf die Verantwortlichen der DEL

  8. Thomas
    02.04.2019

    Also ich weiß nicht worüber ich gestern mehr gelacht habe. Über den Scherz oder über den Gedanken, wenn das mal wahr wäre.

    Sehr guter Artikel. Der arme Boos holt sich die blauen Flecken für die KI ab. Ab da liefen mir echt die Tränen.

    Sehr guter Artikel. Freue mich jedesmal wenn jemand soviel Arbeit in Aprilscherze steckt, damit ich schmunzel oder lachen kann.

    Gruß
    Thomas

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