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Clouston: „Es wird kein gemütlicher Abend, wenn man gegen uns spielt.“

KEC-Headcoach Cory Clouston - Foto: Steffen Thaut

Wer sich persönlich einen Eindruck von den Neuzugängen des KEC verschaffen möchte, kann das im ersten öffentlichen Training am Donnerstag (04. August) um 15:00 Uhr in der Kölnarena 2 tun. Im ausführlichen und exklusiven Haimspiel.de-Interview spricht Haie-Headcoach Cory Clouston über seine Einschätzungen zu den neu verpflichteten Spielern, sein Konzept für die Mannschaft und seine Erwartungen an die Saison.

Herr Clouston, eine volle Saison von Anfang an – inklusive Kadermitgestaltung und Vorbereitung. Ein gutes Gefühl?

Ich freue mich darauf. Es liegt eine Menge Arbeit vor uns. Wir haben eine Menge neuer Gesichter hier. Ich fand, es war ein langer Sommer. Die Jungs haben ihn gut genutzt. Sie sind hier alle in extrem guter Verfassung angekommen. Wir haben von ihnen gefordert, nach dem Sommer in guter Verfassung zu sein. Das Trainingscamp haben wir ein paar Wochen nach hinten verschoben, um ihnen die Chance auf eine längere Pause zu geben und die Akkus wieder aufzuladen.

Gab es Trainingspläne für den Sommer?

Ja, die gab es. Einige Jungs hatten spezielle Bereiche, an denen sie arbeiten mussten. Einige hatten Verletzungen, um die sie ihr Training aufbauen mussten. Es gab ein grundlegendes Programm aber auch individuelle Trainingspläne für jeden einzelnen Spieler. Einige von den Jungs sollten an individuellen Schwächen arbeiten.

Mit den Ergebnissen der Tests in den letzten Tagen sind Sie also zufrieden?

Ein paar von den Jungs werden heute noch getestet, aber bis jetzt waren die Ergebnisse von allen herausragend.

Am Ende der letzten Saison haben Sie mit Ausblick auf die kommende Spielzeit gesagt, dass keine großen Veränderungen nötig seien. Sie sprachen von Feintuning. Außerdem haben Sie von Anfang an München als Meisterschafts-Mannschaft beschrieben. Haben Sie mit den Neuverpflichtungen versucht, die Münchner Teamzusammenstellung zu kopieren?

Ich würde es nicht kopieren nennen, aber ja, an der Art und Weise, wie sie gespielt haben, haben mir der Stil, das System und die Persönlichkeiten in der Mannschaft gefallen. Ich kannte viele von den Spielern. Aber am meisten hat mich die Art und Weise beeindruckt, wie sie gespielt haben. Je besser ich die Liga kennengelernt und je mehr Teams ich gesehen habe, hatte ich immer im Hinterkopf, dass München die Mannschaft ist, die man schlagen muss. Sie haben die Messlatte hochgelegt. Sie sind verdient Meister geworden. Sie hatten die richtigen Spieler und haben ihr bestes Eishockey gespielt, als es drauf ankam. Wir haben uns aber nicht gesagt, dass wir das eins zu eins so nachmachen müssen. Wir haben uns die Bereiche angeschaut, in denen wir uns verbessern wollen. Man nimmt auch nicht einfach einen Spieler raus und ersetzt ihn durch einen anderen, und dann funktioniert schon alles. Da spielen viele andere Dinge eine Rolle – wie zum Beispiel die Chemie. Wir haben das Gefühl, uns gut aufgestellt zu haben, um uns zu verbessern und erfolgreich zu sein.

Sie sprechen die Chemie und Persönlichkeiten in der Mannschaft an. Wir kommen gleich noch zu den Neuverpflichtungen im Einzelnen, aber der Gesamteindruck, der sich mit dem jetzigen Kader ergibt, sagt: Mehr Grit, größere Spieler, mehr Physis. In welchem Maß hatten Sie das Gefühl, dass diese Mannschaft eine Veränderung der Spielkultur brauchte?

Ich glaube nicht, dass wir eine große Veränderung unserer Spielkultur brauchten. Ich habe auch den Jungs gesagt, dass es in meinen Augen eher eine Frage einer etwas anderen Ausrichtung und von ein bisschen mehr Anleitung ist. Wir hatten bereits eine Menge Charakter in der Mannschaft. Das habe ich schon früh hier so gesehen und fand, dass die Mannschaft in dieser Hinsicht oft zu Unrecht kritisiert wurde. Was ich in den Jungs gesehen habe, war womöglich etwas anders als andere Leute in ihnen gesehen haben. Was wir gebraucht haben, waren ein paar andere Spielertypen als Ergänzung. Wir finden, wir haben die richtigen Spieler dazu geholt. Jetzt ist es an uns Coaches und der Mannschaft, daraus eine Einheit zu formen. Bei den Neuverpflichtungen hatten wir definitiv einen Plan und waren uns bei den Bereichen einig, in denen wir uns verbessern wollen. Sie sollen die Spieler, die wir hier haben, ergänzen.

Wenn Sie es keine Änderung der Spielkultur nennen wollen, würden Sie es eine Veränderung im Spielstil nennen?

Ich würde sagen, wir werden weiter auf unsere Art und Weise spielen. Wir haben das Gefühl, dass wir Spieler dazu geholt haben, die besser zu der Art und Weise passen, wie wir spielen wollen, und die Spieler in unserem bestehenden Kader besser ergänzen. Damit will ich nichts Negatives über die Spieler sagen, die uns verlassen haben. Sie hatten großen Anteil an unserem Erfolg in der vergangenen Saison. Aber in einigen Bereichen wollten wir ein bisschen jünger werden, in anderen Bereichen wollten wir ein bisschen mehr Erfahrung reinbringen. Um einen guten, ausbalancierten Mix hinzubekommen, haben wir uns auf bestimmte Spielertypen fokussiert.

Können Sie näher erläutern, in welchen Bereichen man jünger und in welchen man erfahrener werden wollte?

Manchmal ist Jugend von unschätzbarem Wert, manchmal ist Erfahrung von unschätzbarem Wert. Die Balance zwischen beidem in einer Mannschaft zu haben, ist in meinen Augen wichtig.

Sprechen wir über die Neuen im Einzelnen – ohne bestimmte Reihenfolge – und fangen mit Dane Byers an. Er scheint eine herausragende Persönlichkeit zu sein, war Kapitän an vielen seiner bisherigen Stationen. Hat das eine Rolle bei seiner Verpflichtung gespielt?

Ich habe Dane in den Juniors kennengelernt, als er im gegnerischen Team war. Vor ein paar Jahren in Prince Albert hatte ich die Gelegenheit, ihn einen Nachmittag lang in privatem Rahmen kennenzulernen. Das reicht natürlich nicht, um jemanden richtig gut kennenzulernen, aber man bekommt eine Vorstellung von der Persönlichkeit eines Menschen. Danach fragte er ein paar Mal, ob er unsere Trainingseinrichtungen nutzen kann. Da hatten wir dann beim gemeinsamen Training öfter Gelegenheit, uns ein bisschen zu unterhalten. Das hat mir einen größeren Einblick in ihn als Menschen gegeben. Als Spieler habe ich ihn immer als jemanden wahrgenommen, gegen den es schwer ist zu spielen. Ich kenne Spieler, die mit ihm gespielt haben. Als sein Name jetzt auf der Liste der verfügbaren Spieler aufgetaucht ist, war es für mich eine leichte Entscheidung. Über ihn hatten wir hier sogar schon gesprochen, bevor sein Name auftauchte. Das ist der Spielertyp, den wir wollen.

Was einem bei Dane Byers Statistiken als erstes ins Auge springt, sind seine Strafminuten. Was sagt das über ihn als Spieler? Was konkret erwarten Sie von ihm hier?

Wir erwarten von ihm, dass er Dane Byers ist. Dane spielt physisch, fährt seine Checks zuende und verteidigt seine Teamkollegen. Und er ist ein guter Eishockeyspieler. In allererster Linie ist er hier als Eishockeyspieler. Er ist ein Powerforward, er geht hart aufs Tor, er ist gut tief im Angriffsdrittel und er ist ein starker Schlittschuhläufer. Seine ersten zwei, drei Schritte sind vielleicht nicht die schnellsten, aber er ist ein starker, kraftvoller Schlittschuhläufer. Es ist schwer, gegen ihn zu verteidigen, wenn er jemandem einen Schritt voraus ist, weil er groß und stark ist. Er spielt einen guten Cycle, hat einen guten Schuss und ganz ordentliche Hände. Das ist mir am Ende wichtiger als alles andere. Aber er hat auch die Fähigkeiten, seine Teamkollegen zu verteidigen. Er hat kein Problem damit, das zu tun. Das hat er auf jedem Level gezeigt. Das ist Teil seiner Rolle. Das gehört zu ihm dazu. Das ist die Persönlichkeit, die er hat. Aber in meinen Augen ist er in erster Linie ein guter Eishockeyspieler.

Corey Potter – ebenfalls beeindruckende Statur, Zwei-Wege-Verteidiger, Rechtsschütze.

Dass er Rechtsschütze ist, hat den Ausschlag für ihn gegeben. Danach haben wir gesucht. Die Statur hat auch eine Rolle gespielt. Er ist kein reiner Offensiv-Verteidiger. Wir fanden, dass wir schon zwei, drei Spieler haben, die sehr gut im Powerplay funktionieren. Wir wollten uns nicht in eine Situation bringen, in der wir zu viele Spieler der gleichen Sorte haben. Er ist nicht der physischste Verteidiger, aber aufgrund seiner Größe verteidigt er gut und nutzt seinen Schläger gut. Er ist im Verteidigungsdrittel sehr klug. Wir wollten einen Zwei-Wege-Verteidiger, der sowohl die Scheibe vorwärtsbringen kann als auch gut verteidigt. An das größere Eis hier wird er sich gewöhnen müssen. Es ist also eine Anpassungsphase zu erwarten. Als er während des Lockouts in Wien gespielt hat, hat er sich auf dem größeren Eis sehr wohl gefühlt. Die Eingewöhnung jetzt sollte also nicht allzu lange dauern.

T.J. Mulock – ebenfalls Rechtsschütze. Auch bei ihm ein Auswahlkriterium?

Nein, der Hauptgrund für seine Verpflichtung waren Führungsqualitäten und Erfahrung. Er hat Meisterschaften gewonnen. Natürlich ist es nützlich, dass er Rechtsschütze ist. Aber bei ihm waren wir am Gesamtpaket interessiert. Wir fanden, dass er eine gute Ergänzung ist. Er kann Unterzahl spielen, und wir können ihn nach Bedarf hoch und runter im Line-Up einsetzen. Er ist ein sehr vielseitiger Stürmer. Für mich ist es ja ungewohnt, kein Farmteam zu haben. Hier muss man Spieler im Kader haben, die man auf unterschiedlichen Positionen einsetzen kann. Es ist sehr wertvoll, jemanden zu haben, der sowohl Center als auch auf dem Flügel spielen kann, der in einer Top-Reihe einspringen kann und auch in einer Checking-Reihe einsetzbar ist. Er hat das alles schon gemacht. Er ist außerdem ein extrem positiver Mensch. Gute Arbeitsmoral, guter Schlittschuhläufer. Ich musste nicht darüber nachdenken, ob er jemand ist, der uns als Team helfen kann.

Kai Hospelt – ein weiterer Center, der dazukommt. Wo im Line-Up sehen Sie ihn hier?

Auch er ist ein erfahrener Spieler. Ich fand, dass er in der Serie gegen uns Mannheims bester Spieler war. Seine Präsenz auf dem Eis war sehr spürbar. Er war gegen uns sehr effektiv. Er ist ein guter Spieler und ein guter Mensch. Ich hatte ein paar Gespräche mit ihm. Er freut sich sehr, dass er hier ist. Wir sehen ihn als jemanden, der uns mehr Tiefe gibt. Auch ihn können wir hoch und runter in allen Reihen einsetzen. Ich glaube, er ist jemand, der den Ehrgeiz mitbringt, wieder eine größere Rolle zu spielen und wichtig für ein Team zu sein – wobei ich natürlich nicht in der Kabine anderer Teams bin und nicht beurteilen kann, wer wann wo warum in welcher Reihe gespielt hat. Für uns ist er eine wertvolle Ergänzung. Wie ich ihn bislang kennengelernt habe, ist er ein großartiger Mannschaftskamerad. Speziell, nachdem ich ihn gegen uns habe spielen sehen, freue ich mich sehr, ihn bei uns zu haben.

Erwartet er, hier einen Platz in den Top-9 oder sogar in den Top-6 zu bekommen?

Ich weiß nicht, ob er das erwartet. Ich bin sicher, dass er das möchte. Aber es ist, wie mit allem: Man muss es sich verdienen. Er wird sicher in verschiedenen Rollen mit unterschiedlichen Reihenkollegen spielen. Aber wenn er sein Potential ausschöpft, dann gibt es keinen Grund, dass er nicht ein wichtiger Spieler für uns sein kann. Es ist auch wichtig, dass wir gesunde Konkurrenz im Team haben. Es ist wichtig, dass Spieler aus den unteren Reihen Druck auf die höheren Reihen ausüben, genauso wie es wichtig ist, dass die Spieler in den Top-Reihen ihre Position verteidigen. Im Laufe der Saison werden Spieler in unterschiedlichen Reihen spielen. Nichts ist in Stein gemeißelt. Aber wir erwarten von ihm, dass er ein wichtiger Spieler für uns wird.

Max Reinhart.

Ich habe ihn spielen sehen. Er hat mich immer beeindruckt. Sehr klug, sehr intelligent. Gute Zwei-Wege-Instinkte. Ein sehr guter Freund von mir ist mit seinem Vater gut befreundet. Zudem hat er bei den Kootenay Ice gespielt, die ich früher mal trainiert habe. Ich war über Max‘ Entwicklung also auch immer auf Stand und habe viel Einblick. Ich glaube, dass er hier als hungriger Spieler herkommt. Er will an seinem Spiel arbeiten. Er ist ein sehr guter junger Spieler. Ich glaube, er hat das Potential, nochmal in der NHL zu spielen. Es kommt häufiger vor, dass Spieler später in ihrer Karriere nach Europa gehen. Er ist in einer Situation, die vielleicht mit der von Shawn Lalonde vergleichbar ist, als der nach Europa kam. Er will in einem anderen Umfeld an seinem Spiel arbeiten. Ich finde es toll, dass er hier ist. Für bestimmte Spieler ist es eine gute Option, in dem Alter nach Europa zu gehen. Seine Einsätze in der NHL haben sich von Jahr zu Jahr reduziert. Letztes Jahr hat er kein einziges NHL-Spiel machen dürfen, obwohl er 23 Tore im Farmteam gemacht hat. Davon war er sicherlich ein bisschen frustriert. Mit seinem Wechsel nach Deutschland hat er die Tür zur NHL nicht zugemacht. Er sucht nur nach einem anderen Weg, sein Spiel zu verbessern. Ich glaube, dass er immer noch in der NHL spielen kann. Ich glaube, dass ich ihm dabei helfen kann, sein Spiel zu entwickeln. Aber in erster Linie ist er hier, um diesem Team hier zu helfen, Spiele zu gewinnen.

Wo im Line-Up wird er sich einsortieren?

Wo im Line-Up wir ihn einsetzen, wird sich zeigen. Durch unsere Abgänge haben wir ein paar Top-9-Positionen neu zu besetzen. Wie genau sich das Line-Up entwickeln wird, werden wir sehen. Wir versuchen, unsere erfahrenen Spieler wie Gogulla und Hager mit den bestmöglichen Spielern zu umgeben. Wir bringen hier niemanden rein, um gezielt jemanden im Line-Up nach unten zu verdrängen. Wir wollen unsere Spieler sinnvoll ergänzen. Wir wollen ihnen gelegentlich den Druck ein bisschen nehmen, den ihre Reihe letztes Jahr speziell im Zuge all der Verletzungsausfälle hatte. Da haben sie den größten Teil der Verantwortung getragen. Wir wollen mehr Tiefe im Kader schaffen, damit man sich nicht nur auf eine Reihe konzentrieren kann, wenn man gegen uns spielt. Wir wollen, dass es bei Verletzungsausfällen einfacher wird, Spieler in unterschiedlichen Reihen einzusetzen. Wir wollen nicht wieder in die Situation kommen, zwei Verteidiger im Sturm einsetzen zu müssen wie letztes Jahr.

Travis Turnbull – Fan-Favorit bei jedem seiner Teams, trägt sein Herz auf der Zunge, ist eine physische Präsenz. Steht er ein bisschen exemplarisch für das, was dieser Mannschaft gefehlt hat?

Ja, vielleicht. Wir bringen Jungs wie Travis Turnbull und Dane Byers in die Mannschaft. Auch Nico Krämmer würde ich in die Aufzählung mit einbeziehen, weil auch er eine physische Präsenz ist. Sie spielen alle eher ein Nord-Süd-Spiel. Travis hat in der AHL gespielt, er hat hier gespielt und war erfolgreich. Er hat hier eine Meisterschaft gewonnen. Er wurde unter Vertrag genommen, bevor Mark und ich hier angefangen haben. Wir finden, er ist der Spielertyp, den wir brauchen. Er wird den bestehenden Kader sehr gut ergänzen.

Es ist eine mittlerweile über Jahre andauernde Diskussion, ein wie großer Faktor Einschüchterung im Eishockey ist. Wie ist Ihr Standpunkt?

Ich bin ein Freund von Teamhärte. Je nachdem, wie man spielt, bestimmt die Teamidentität die Art, wie man als Mannschaft wahrgenommen wird. Das muss man schon in der Saisonvorbereitung und im Training etablieren. Man spricht als Mannschaft darüber, was einen erwartet, wenn man gegen bestimmte Mannschaften spielt. Wir möchten, dass alle wissen, dass es kein gemütlicher Abend wird, wenn man gegen uns spielt – genauso wie wir wussten, dass es kein gemütlicher Abend wird, wenn man gegen z.B. München spielt. Nicht nur weil sie ein großes, physisches Team sind, sondern weil sie eine gute Struktur in ihrem Spiel und gute Spieler haben. Sie hatten Spieler, die eine physische Rolle gespielt haben. Ich fand, dass sich unsere Teamidentität im Lauf der Saison verändert hat. Eines der größten Komplimente, das ich nach der München-Serie von den Münchnern an unsere Jungs weitergeben konnte, war: „Das war nicht annähernd mehr das Team von früher in der Saison.“ Für mich ist es genau das, was wir von Anfang an etablieren wollen: Struktur, harte Arbeit, physisches Spiel, technisch versiertes Spiel, Teamhärte. Diese Dinge wollen wir von Anfang an etablieren.

Nach der Playoff-Serie gegen Mannheim – speziell nach Spiel 2 – haben wir darüber gesprochen, dass Mannheim versucht hat, sich mit Physis und Härte durchzusetzen. In Spiel 3 haben die Haie das mit gleicher Münze zurückgezahlt. Physische Härte war in der Mannschaft also durchaus vorhanden – die dann jetzt noch aufgestockt wird?

An dem Beispiel kann man es sehr gut erklären. Es war nicht so, dass die Mannschaft nicht hart gespielt hat. Es war der Mannschaft nur vielleicht nicht vom ersten Spieltag an eingeflößt, so aufzutreten und zu spielen. Phasenweise war die Härte deshalb nicht durchgängig da. Gut, wir waren auch nicht gerade das gesündeste Team in den Playoffs, aber darauf will ich auch gar nicht herumreiten. Trotzdem sind wir nicht so viel „herumgeschubst“ worden wie früher in der Saison. Gegnerische Mannschaften hatten das Gefühl, dass mangelnde Härte eine unserer Schwächen war. Das war auch das, was Mannheim dachte – speziell nach Spiel 2. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sehr zuversichtlich ins Spiel 3 gegen uns gegangen sind und dachten, mit dem gleichen Gameplan wie in Spiel 2 gegen uns zu gewinnen. Unsere Jungs haben darauf extrem gut geantwortet. Die Jungs haben aus dieser Erfahrung gelernt. Und die Jungs, die wir jetzt dazu geholt haben, sollten es uns in dieser Hinsicht deutlich leichter machen.

Was macht es mit einer Mannschaft, wenn man harte Jungs wie einen Byers oder Turnbull im Team hat?

Es liegt in der menschlichen Natur, dass man selbstsicherer auftritt, wenn da jemand ist, der einem den Rücken freihält. Deswegen ist es mir so wichtig, dass wir von Anfang an diese Teamidentität etablieren, dass wir Härte im Team haben. Härte hat nicht immer was mit Fights zu tun. Meiner Meinung nach hat es damit gar nichts zu tun. Härte bedeutet, physisch zu spielen und mental hart zu sein, nicht vom System abzuweichen, so dass ein Spiel so aussieht und das nächste Spiel anders. Man muss seinen Stil konstant spielen. Es geht auch um emotionale Härte, in dem man sich nicht aus der Fassung bringen lässt sondern sich unter Kontrolle hat. Meiner Meinung nach fallen diese Dinge damit zusammen, dass man ein größeres, härteres, stärkeres Team hat. Wir wollen sicherstellen, dass auf unsere technisch versierten Spieler aufgepasst wird. Wir wollen sicherstellen, dass die physischen Spieler, die wir jetzt dazu geholt haben, keine eindimensionalen Spieler sind. Wir denken, dass diese Jungs das nicht sind. In erster Linie sind sie gute Eishockeyspieler. Ihr Stil zu spielen bringt nochmal ein anderes Element mit rein. Die Art und Weise, wie sie spielen, sollte allen anderen Jungs mehr Selbstsicherheit geben. Das physische Element war bei unseren Spielern schon vorhanden. Wir müssen es nur noch ein bisschen mehr herauslocken. Das ist es, wer wir sein wollen.

Last but not least: Nico Krämmer. Waren Sie noch auf der Suche nach einem Spieler, als die Spieler der Hamburg Freezers auf den Markt kamen? Wenn ja: Ist Nico Krämmer das, wonach Sie gesucht haben?

Wir haben zu dem Zeitpunkt noch zwei verschiedene Wege in Betracht gezogen. Im Gespräch war, einen älteren, technisch versierten, etablierten Top-6-Stürmer zu holen. Aber dann fanden wir, dass das nicht der richtige Weg ist. Wir hatten uns dann für den anderen Weg entschieden, nämlich einen jüngeren Spieler zu holen, der an der Schwelle steht, ein etablierter Spieler zu werden. Nico ist ein jüngerer Spieler, der aber Erfahrung mitbringt. Er hat im Laufe seiner Profi-Jahre eine gute Entwicklung gemacht, die letztes Jahr unglücklicherweise von einer Verletzung gebremst wurde. Ich bin überzeugt, dass er ohne die Verletzung eine sehr, sehr solide Saison gespielt hätte. Wir haben uns also gegen einen älteren, erfahrenen Spieler und für einen jungen, hungrigen Spieler entschieden, um unsere Gruppe erfahrener Spieler zu ergänzen. Offensiv hat er noch nicht ganz sein Potential erreicht. Seine Rolle war die eines Defensiv- und Unterzahl-Spielers. Der Teil seines Spiels ist natürlich sehr wichtig für uns. Wir wollen mit ihm daran arbeiten, seine offensive Rolle auszuweiten. Wir denken, dass er in dem Bereich noch unerschlossenes Potential hat. Ich glaube, er kann mal ein Top-6-Stürmer werden. Von zuhause in Kanada hatte ich mit ihm ein sehr gutes Gespräch via Facetime. Wir freuen uns, dass er sich für uns entschieden hat.

Lag der Fokus bei der Spielersuche insgesamt auf dem Attribut „Zwei-Wege-Spieler“?

Nicht pauschal, aber ja. Wir mussten uns defensiv verbessern. Das lag nicht nur an den Verteidigern. Wir haben letztendlich ja auch nur einen Verteidiger ersetzt, nicht wahr? Ich meine, Lüdemann hat seine aktive Karriere beendet und Danny Syvret ist weg, aber Pascal Zerressen wird wieder als Verteidiger spielen. Dafür haben wir Corey Potter geholt. Es wurde im Laufe der Saison zwar viel besser, aber wir hatten das Gefühl, dass wir nicht gut genug verteidigt haben. Wir hatten nicht genug Spieler, die die Mentalität haben, sich als Zwei-Wege-Spieler zu sehen. Das war explizit ein Bereich, in dem wir uns verbessern wollten.

Mit Ausblick auf die Veränderungen im diesjährigen Kader haben Sie am Ende der letzten Saison gesagt, dass Sie spielerische Fähigkeiten nicht für mehr Härte im Team opfern wollen. Ist Ihnen das gelungen?

Kai Hospelt hat spielerische Fähigkeiten. Max Reinhart hat spielerische Fähigkeiten. Ich weiß nicht, ob die Menschen Travis Turnbull als jemanden mit spielerischen Fähigkeiten ansehen oder nicht, aber er hat in dieser Liga schon 18-, 19- und 20-Tore-Saisons gehabt. Er macht seine Tore anders als andere Spieler, die letzte Saison hier waren. Wir wollten bestimmte Spielertypen in die Mannschaft bringen, die aber nicht eindimensional sind. Wenn man mir jetzt sagt, dass ich spielerische Fähigkeiten geopfert habe, dann sage ich, dass ich lieber jemanden mit 20 Toren habe, der bereit ist, seine Teamkollegen zu verteidigen, und seine Checks zu Ende fährt, als jemanden mit 20 Toren, der die im Powerplay erzielt, seine Checks nicht zu Ende fährt und vielleicht kein so unangenehmer Gegenspieler ist. Dane Byers hat in der AHL regelmäßig mehr als 20 Tore erzielt. Das ist nicht einfach. Ihn also nur als physischen Spieler zu bezeichnen, ist nicht richtig. Letztes Jahr hat er in Finnland zehn Tore erzielt und hatte 150 Strafminuten. Wie viele Spieler haben bei uns letzte Saison zehn oder mehr Tore erzielt? Von den Stürmern waren es gerade mal vier, die das geschafft haben. Das war alles. Zu behaupten, Dane Byers hat keine spielerischen Fähigkeiten, ist nicht richtig. Auch er macht seine Tore anders als einige Spieler, die letztes Jahr hier waren, aber letztendlich erzielt er Tore. Er schießt Tore, hat gute Hände und fährt eben auch seine Checks zu Ende. Das meinte ich, als ich damals gesagt habe, dass ich keine spielerischen Fähigkeiten opfern will. Vielleicht wäre damals „Tor-Produktion“ das bessere Wort gewesen. Am Ende des Tages geht es darum, Tore zu schießen. Ich glaube nicht, dass wir im Sturm genug Tiefe hatten, um das zu erreichen.

Wo in der Aufstellung werden sich Jungs wie Sebastian Uvira, Marcel Ohmann und Nick Latta wiederfinden?

Alle werden ein bisschen geduldig sein müssen, bis die Mannschaft ein bisschen sowas wie ihren Rhythmus gefunden hat. Verschiedene Spieler werden unterschiedliche Rollen haben. Es wird innerhalb der Mannschaft einen guten Konkurrenzkampf geben. Jede Top-Mannschaft hat Tiefe im Kader. Es geht darum, die Reihen untereinander auszubalancieren. Coaches wollen vier Reihen rotieren können. Aber wenn sie keine vier Reihen haben, die effektiv sind, dann kürzen sie die Bank sehr schnell auf drei Reihen. Wir glauben, dass wir hier vier Reihen haben, die Eiszeit wegarbeiten können und die man alle gegen Top-Reihen bringen kann. Wir müssen uns nicht so viele Gedanken über Reihen-Match-Ups machen. Das sind Dinge, die die Zeit zeigen wird. Wir hoffen, dass wir die Jungs viel einsetzen können. Die Rollen durch alle vier Reihen werden natürlich ein wenig unterschiedlich sein, aber wir haben das Gefühl, dass wir ein Vier-Reihen-Team sind. Egal in welcher Reihe man spielt, man wird sicher in unterschiedlichen Situationen zum Einsatz kommen, aber man wird trotzdem seine Eiszeit bekommen, solange man das abliefert, was von einem erwartet wird. Das wird vielleicht manchmal nicht in der Rolle sein, die man gerne hätte, aber wir brauchen Jungs, die ihre jeweilige Rolle akzeptieren und ausfüllen. Sie müssen im Line-Up in unterschiedlichen Reihen einsetzbar sein, positiv bleiben und gute Teamplayer sein. Es wird in den nächsten Wochen Gespräche mit den einzelnen Spielern darüber geben, was wir von ihnen erwarten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch zu früh. Es kann sein, dass ich jemanden für die vierte Reihe im Kopf hatte, derjenige überrascht mich dann aber und erkämpft sich einen Platz in der zweiten Reihe. Vielleicht hat irgendwann mal jemand aus den Top-6 zu kämpfen, dann rutscht er plötzlich in der Aufstellung weiter nach unten. So ist es nunmal. Wir brauchen gesunden Konkurrenzkampf, damit sich die Jungs gegenseitig pushen. Aber es gibt natürlich insgesamt nur eine begrenzte Menge an Eiszeit. Wir werden sehen, wie es sich entwickelt. Die Geduld, die ich von den Jungs verlange, müssen auch alle anderen erstmal aufbringen. Es sind noch sechs Wochen bis Saisonbeginn. Es kann sich noch eine Menge tun.

Auf einer Skala von 1 bis 10, wie zufrieden sind Sie mit der Mannschaft, so wie sie jetzt aufgestellt ist?

Es ist schwer, das in einer Zahl zu benennen. Ich würde sagen, ich bin begeistert. Ich glaube, dass wir das Potential haben, um die Meisterschaft mitzuspielen. Mehr können wir nicht verlangen. Dafür müssen wir aber auch noch eine Menge harter Arbeit investieren. Das ist uns sehr bewusst. Wir haben gestern auch mit der Mannschaft darüber gesprochen, dass das unser ultimatives Ziel sein muss. Aber jede Aussage darüber hinaus wäre sehr respektlos den anderen Mannschaften gegenüber. Deswegen werde ich keine Zahl sagen. Wenn ich mir unseren Kader angucke, ist es lange her, dass ich so eine gute Mischung in einem Team hatte. Aber mir ist auch sehr bewusst, dass im Laufe einer Saison eine Menge Dinge eine Rolle spielen und dir Steine in den Weg legen können. Man muss immer Rückschläge verkraften und die unterschiedlichsten Herausforderungen meistern. An den Stellen kommen Charakter, Führungsqualitäten und Kadertiefe ins Spiel. Ich glaube, diese Bereiche haben wir abgedeckt, so gut wir konnten. Wir sind voller Vorfreude, wir sind bereit zu arbeiten, wir finden, dass wir eine gut ausbalancierte Mannschaft beisammen haben. Aber wenn man in der Liga rumfragt, dann werden viele andere Teams genau das gleiche über sich sagen.

Wir bedanken uns bei Cory Clouston für das Interview!

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

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Bestätigt: Dragan Umicevic wechselt nach Krefeld

2 Kommentare

  1. Stemme
    24.08.2016

    Na dann wirds ja nie wieder nen gemütlicher Abend wenn die Kölner Haie und die Sven Väths dieser Welt nur den stependen Bären sehen wollen;;;no thanks….

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