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Guter Neustart trotz Niederlage

Philip Gogulla im Spiel gegen die Adler Mannheim - Foto: Steffen Thaut

Es gab keine Punkte für die Kölner Haie beim Heimdebüt von Cory Clouston. Aber dafür gab es eine KEC-Mannschaft mit ganz neuem Auftreten. Die Handschrift des neuen Trainers war erkennbar genauso wie der Wille des Teams, sich gegen das drohende Verpassen der Playoffs zu stemmen. Trotz 2:3 Niederlage gegen die Adler Mannheim gab es viel Positives aus dem Spiel mitzunehmen.

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Nick Latta im Zweikampf mit Mathieu Carle, Foto: Steffen Thaut

Da dem neuen KEC-Coach vor dem Mannheim-Spiel nur eine Trainingseinheit zur Verfügung stand, war allein die Menge an Veränderungen bemerkenswert. Bereits die Mannschaftsaufstellung ließ aufhorchen: Das reine Offensiv-Verteidigerpaar Eriksson/Lalonde war für das Spiel bei 5 gegen 5 aufgeteilt. Torsten Ankert lief an der Seite von Eriksson auf, Moritz Müller zusammen mit Shawn Lalonde – also defensive Absicherung in beiden Paaren.

Auch bei den Sturmformationen gab es neue Ansätze. Patrick Hager und Philip Gogulla hatten zwar mit Ryan Jones ihren alten Außenstürmer zurückbekommen, aber in den restlichen Reihen war alles neu. Andreas Falk centerte für Alexander Weiß und Dragan Umicevic, Per Aslund spielte als ungelernter Center zwischen Johannes Salmonsson und Nick Latta. Charlie Stephens hatte Jean-Francois Boucher und Marcel Ohmann auf den Flügeln. So gab es Grit genauso wie Finesse in allen Reihen.

„Ich wusste, dass Jones, Hager und Gogulla schon zusammen gespielt hatten. Ich hatte mir im Vorfeld natürlich die alten Mannschaftsaufstellungen angesehen. Wir hatten darauf gehofft, dass [Jason Williams] spielen kann. Er wird hoffentlich am Dienstag spielen können. Wir wollten auf jeden Fall eine Reihe haben, die rund läuft. Für einige andere Spieler sollten die Reihenumstellungen eine Herausforderung sein, ihr Spiel zu steigern. Wenn man Spieler herausfordert, dann muss man ihnen die Gelegenheit dazu geben, sich zu steigern. Sie haben sich der Herausforderung gestellt und haben gut gespielt. Wir haben zwar das Spiel nicht gewonnen, aber davon abgesehen war ich zufrieden mit den Reihenkombinationen, mit dem Einsatz und der Ausführung der taktischen Vorgaben“, erklärte Clouston nach dem Spiel. Die durchhängenden Spieler aus ihren Tiefs zu holen geht er also gleichzeitig zur Umstellung auf sein System an. Die Wirkung ließ gegen die Adler nicht lange auf sich warten.

Die Mannschaft trat vom Eröffnungsbully an wie verwandelt auf. Was am Freitag noch wenig Zusammenhang und viel Einzelaktion war, lief gegen die Adler deutlich geschlossener und einheitlicher. Eine einzige Trainingseinheit am Samstag trennte die beiden Spiele. „Wenn man das Spiel in München gesehen hat und im Vergleich dazu das Spiel heute, dann hat man gesehen, dass schon viel von dem umgesetzt wurde, was vom neuen Trainer erwartet wird“, sagte Patrick Hager nach dem Spiel. „Wir wissen alle, dass wir nicht sonderlich viel Zeit haben. Dementsprechend ist es eine große Herausforderung für uns, so schnell wie möglich diese Automatismen zu finden. Ich denke, wir haben das heute eigentlich über 60 Minuten sehr, sehr gut gemacht. Wir haben viel Druck aufgebaut. Unsere Verteidiger stehen ein Tickchen höher als früher. Wir versuchen wesentlich mehr, die Scheibe in der gegnerischen Zone zu gewinnen. Natürlich sind null Punkte Scheiße, aber von der Moral und von der Einsatzbereitschaft her war das heute ein Schritt in die richtige Richtung.“

Aus dem Team eine Einheit zu machen und der Mannschaft Struktur zu geben, ist das größte Anliegen von Cory Clouston. Zumindest in der heutigen Partie ist das gelungen, wie auch Patrick Hager feststellte: „Ich muss der ganzen Mannschaft ein Kompliment machen. Wir haben heute sehr kompakt gespielt. Auch hinten die jungen Jungs mit Max Faber und Pascal Zerressen. Sie haben super gespielt und wenig Fehler gemacht. Deswegen ist es auch unglaublich ärgerlich, dass wir mit leeren Händen dastehen.“

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Thomas Brandl im Gespräch mit Torsten Ankert, Foto: Steffen Thaut

Nicht nur von Patrick Hager gab es Lob für Zerressen und Faber. Nachdem man den 1:1-Ausgleich wieder schnell nach dem eigenen Führungstor kassiert hatte, war es existentiell wichtig, nach dem hart erkämpften 2:2 nicht sofort den nächsten Gegentreffer zuzulassen. Für diesen wichtigen Wechsel nach dem Ausgleich schickte Clouston mit Pascal Zerressen und Max Faber die beiden jüngsten und unerfahrensten Verteidiger aufs Eis. Dazu, ob er diese Entscheidung schlicht aus Vertrauen in die beiden getroffen hat oder um ihr Selbstvertrauen weiter zu stärken, meinte Clouston: „Ein bisschen von beidem. Auf der einen Seite brauchen wir die Minuten von diesen Jungs, weil wir sonst die anderen überlasten. Unsere Top-4-Verteidiger spielen viel. Aber man muss den Jungs auch den Raum geben zu zeigen, was sie können. Die jungen Spieler haben heute gut gespielt.“ Auf die Situation angesprochen meinte Pascal Zerressen: „Max und ich sind nach dem Tor raus. Ich denke, wir haben jetzt schon einige Spiele in der Liga gemacht. Ich denke, wir haben da das Selbstbewusstsein, kein Gegentor zulassen zu wollen. Klar nimmt man das wahr, dass das ein wichtiger Wechsel ist, aber wir versuchen dann einfach, ganz normal zu spielen wie in den anderen Wechseln auch. Das ist uns gut gelungen.“

Die auffälligste Verbesserung gab es im Verteidigungsdrittel der Haie. War der Aufbau aus der eigenen Zone nahezu die komplette Saison hindurch eines der größten Sorgenkinder mit Fehlpässen und Scheibenverlusten, boten die Haie am Sonntag eine überzeugende Leistung im eigenen Drittel. „Wir haben in der eigenen Zone so viele Zweikämpfe gewonnen und so gut kontrolliert hinten raus gespielt wie schon lange nicht mehr“, befand Patrick Hager. Diese hartnäckige Schwachstelle lag offensichtlich auch im Fokus des Trainers am Samstag. „Damit haben wir uns vermutlich 50 oder 60 Prozent des gestrigen Trainings beschäftigt. Es ging hauptsächlich darum, die Scheibe zu behaupten, den Scheibenführenden zu unterstützen, auf unterschiedlichen Wegen die Scheibe aus der eigenen Zone zu bringen. Das sah heute bei allen wie aus einem Guss aus. Wir haben im Training viel Zeit darauf verwendet“, bestätigte Cory Clouston nach dem Spiel.

Ein ebenfalls erfreuliches Bild bot die Torschuss-Statistik. Die Haie haben ganze 27 Torschüsse zugelassen – deutlich weniger als im Saisondurchschnitt bislang. Das lag zum einen viel in der Zeit des eigenen Scheibenbesitzes begründet, und zum anderen an der großen Zahl geblockter Schüsse. Auch hier haben Einsatz und Haltung gestimmt. In der Defensive gab es insgesamt wenig Fehler, aber genau die haben die Adler zu ihren Toren genutzt.

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Johannes Salmonsson versucht an Jonathan Rheault vorbei zu kommen, Foto: Steffen Thaut

Wermutstropfen in der guten Leistung der Haie ist aber nicht nur die Niederlage sondern auch der Ausfall von Fredrik Eriksson und Sebastian Uvira. Letzterer war vor dem Spiel zwar im Aufgebot, lief aber nicht mit auf. Zur Verletzung von Fredrik Eriksson konnte Clouston direkt nach dem Spiel noch nichts Konkretes sagen: „Ich weiß ehrlich noch nicht, wie schwerwiegend es ist. Ich weiß nur, dass es eine Unterkörperverletzung ist. Die Untersuchung morgen wird Aufschluss geben. Wir drücken die Daumen, denn er ist ein wichtiger Spieler für uns. Er hat uns am Ende des Spiels im Powerplay gefehlt. Wenn man einen Spieler verliert, der 24 oder 25 Minuten Eiszeit hat, dann beeinflusst das den Rest der Mannschaft natürlich. Man muss die Verteidigerpaare umstellen, und dann fehlt ein Mann im Sturm. Es hat einen großen Effekt.“ Charlie Stephens war nach dem Ausfall von Eriksson als Verteidiger eingesprungen.

„Es gab heute niemanden, von dem ich enttäuscht war. Zum größten Teil haben sie sich an die Vorgaben gehalten und das gemacht, was sie tun sollten“, resümierte Clouston. Solche Spiele gab es allerdings auch schon in der jüngeren Vergangenheit unter Niklas Sundblad – wie zum Beispiel das letzte Derby in Düsseldorf. Was bislang fehlt, ist, die Leistung über mehr als ein Spiel zu konservieren. Die Mannschaft muss in den nächsten Spielen nicht nur bestätigen, was sie gegen Mannheim gezeigt hat. Die kommenden Trainingseinheiten werden weitere Neuerungen und Ergänzungen bringen, die ebenfalls schnell aufgenommen und umgesetzt werden müssen. Zudem darf die frisch gewonnene Einheit nicht wieder verloren gehen. Schon das Spiel am Dienstagabend gegen Iserlohn wird zeigen, ob der frische Wind, den der neue Coach mitgebracht hat, weiter trägt, um zwei aufeinanderfolgende Spiele in gleicher Intensität zu absolvieren.

Laut Patrick Hager sollte das so sein: „Wir wollen alle. Wir sind alle bereit, den Kampf anzunehmen. Wir wollen auf Biegen und Brechen in die Playoffs und uns so präparieren, dass wir dann in den Playoffs als Überraschungsmannschaft gelten können. Aber wir wissen ganz genau, dass das ein unglaublich harter Weg ist in den nächsten Wochen.“ Ein harter Weg, der nach der 2:3-Niederlage gegen die Adler Mannheim nun auch noch von Platz 12 aus startet.

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

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