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Haie erzwingen Spiel 7

Dragan Umicevic - Foto: Florian Müller

Bei ihrem Sieg in Spiel 6 ließen die Kölner Haie am Ende keine Fragen offen. Genauso verdient wie die Niederlage in Spiel 5 am Donnerstag war der erneute Ausgleich in der Serie am Samstag. Die Mannschaft von Cory Clouston präsentierte sich taktisch diszipliniert, vom ersten Bully an bereit und in den richtigen Momenten kaltschnäuzig vorm gegnerischen Tor.

Wie schon in der gesamten Serie sollte auch in Spiel 6 das Team gewinnen, das den ersten Treffer erzielt hatte. Das erledigte Fredrik Eriksson für den KEC bereits nach 61 Sekunden. Er versenkte einen Flachschuss im langen Eck hinter Petri Vehanen zum 1:0. Es entwickelte sich in der Folge ein temporeiches, ausgeglichenes Spiel auf hohem Niveau. Die ersten kleinen Nickligkeiten hielten Einzug und bescherten den Haien dank Darin Olver ein Powerplay, das der KEC jedoch nicht in Zählbares ummünzen konnte.

Das zweite Drittel begannen die Eisbären deutlich sichtbar mit dem Vorsatz, den Fluch des ersten Tores zu überwinden. Sie erhöhten den Offensivdruck massiv, und so fiel der 1:1 Ausgleich durch Pohl sozusagen mit Ansage. Das Spielgeschehen fand auch nach dem Treffer über weite Strecken des Mittelabschnitts im Kölner Verteidigungsdrittel statt, wobei die Gäste in Scheibenbesitz in der Offensivzone den kurzen Weg zum Wechsel nutzten, während die Haie fast nur in Spielunterbrechungen den langen Weg zur eigenen Bank schafften. Zu Entlastungsangriffen kamen die Hausherren kaum. Das Torschussverhältnis sprach mit 23 zu 7 zugunsten der Eisbären eine deutliche Sprache. Es war in dieser Phase ein Spiel auf ein Tor. Immer wieder versuchte Wesslau, Scheiben festzuhalten, die deutlich am Tor vorbeigingen, um für Wechselgelegenheiten für seine Mitspieler zu sorgen. Die Haie mussten zu Teilen einige extrem lange Eiszeiten fressen, aber die gut sortierte Defensive mit Wesslau im Rücken ließ trotzdem keinen weiteren Gegentreffer zu.

In ihrem Bemühen, nach dem Ausgleich auch noch in Führung zu gehen, warfen die Berliner mutig alles nach vorn. Daraus resultierte nach einem Scheibenverlust der Eisbären kurz vor Drittelende eine der wenigen Konterchancen der Haie, die Torsten Ankert auf schöne Vorlage von Umicevic mit einer Direktabnahme zum 2:1 für den KEC abschloss. Ein Treffer komplett gegen den Spielverlauf, der einer Ohrfeige ins Gesicht der Gäste gleichkam.

„Ich habe nur aus dem Augenwinkel gesehen, dass jemand von uns mitgelaufen war. Dann habe ich einfach den Pass rüber gelegt. Als ich gesehen habe, dass es Anki (Torsten Ankert) war, wusste ich, dass er auf jeden Fall das Tor machen würde“, erläuterte Dragan Umicevic den Hergang des Tores mit einem breiten Grinsen und fügte dann aber ernst hinzu: „Es ist wirklich schön, wenn jemand ein Tor macht, der in der Defensive immer hart für uns arbeitet und in jedem Spiel hundert Prozent gibt. Es ist einfach toll, wenn so jemand den Siegtreffer erzielt.“

Ankerts Treffer war das Game-Winning-Goal, weil die Berliner sich von dem Tor nicht mehr wirklich erholten und sich außerdem mit überflüssigen Strafen selbst aus der Partie nahmen. Den Anfang machte ausgerechnet Eisbären-Kapitän André Rankel, der fünfzehn Sekunden vor Ende des zweiten Drittels Alexander Weiß per Stockcheck ins Berliner Tor beförderte. Weil Mark Olver zudem danach einen kleinen Fight auslöste, bei dem Weiß auch noch ein paar Treffer landen konnte, saßen anschließend zwei Drittel der zweiten Berliner Sturmformation auf der Strafbank. Dass er wegen des ausgezogenen Handschuhs zusätzlich zu seinen 2+2 Strafminuten auch noch die fällige 10er bekam, quittierte Alexander Weiß nach der Partie mit einem Lächeln.

„Zu dem Zeitpunkt fehlten uns ein bisschen die Emotionen im Spiel, die wir heute gebraucht haben. Da dachte ich, dass man mit so einem Fight vielleicht die Kulisse und die Mannschaft nochmal mitreißt“, erklärte Weiß die Situation. „Das und das 2:1 haben uns da nochmal mehr Selbstvertrauen und ein paar Emotionen mitgegeben. Im dritten Drittel haben die Jungs dann gutes Eishockey gespielt.“

Auch Cory Clouston hatte gegen Ende des zweiten Drittels schon nach Möglichkeiten gesucht, seiner Mannschaft einen frischen Impuls zu geben, um sich gegen die Berliner Belagerung zu stemmen. „Wir hatten zwei gute Torchancen nicht genutzt. Das hat uns mental ein bisschen zu schaffen gemacht. Berlin hat viel Druck gemacht, aber wir haben zumindest nicht so viele hochkarätige Chancen abgegeben wie im letzten Spiel“, analysierte Clouston. So stellte er Salmonsson zu Hager und Gogulla und vereinte damit wieder die Formation, die während des Ausfalls von Ryan Jones schon bestens funktioniert hatte – was sich auszahlen sollte.

Doch zunächst erhöhte Alexander Sulzer auf schöne Vorlage von Umicevic im Powerplay auf 3:1, nachdem Jens Baxmann wegen eines Hohen Stocks auf die Strafbank musste. Die Berliner waren daraufhin gezwungen, ihr Spiel zu öffnen, was den Haien in die Karten spielte. Die erste Kölner Reihe nutzte mit viel Speed und schöner direkter Passstafette von Hager zu Gogulla zu Salmonsson einen Konter zum 4:1. Der Schwede belohnte sich für seine unermüdliche Arbeit endlich auch mal wieder mit einem Tor.

„Es war schön, mal wieder zu treffen“, lächelte Salmonsson nach der Partie, schob aber im gleichen Atemzug hinterher: „Aber ich habe mich mehr über Torsten Ankerts Tor gefreut. Das war auch das viel wichtigere Tor, weil Berlin zu dem Zeitpunkt das Momentum hatte.“

Auch ihren nächsten Wechsel nutzte die wiedervereinte Reihe direkt wieder zu einem Tor, bei dem Gogulla auf Zuspiel von Salmonsson und Hager aus dem rechten Bullykreis zum 5:1-Endstand traf. Gut vorstellbar, dass die Versuchung für Cory Clouston groß ist, diese Reihe auch für Spiel 7 zusammen zu lassen. Eine Visitenkarte dafür haben sie auf jeden Fall abgegeben.

„Ich habe in den letzten sechs Minuten des zweiten Drittels angefangen, die Reihen umzustellen. Salmonsson hat früher schon gut mit Hager und Gogulla gespielt. Aber ich wollte auch die anderen Reihen besser ausbalancieren“, erklärte der Kölner Headcoach die Änderungen in den Reihen, verriet aber natürlich nichts über seine Pläne für die nächste Partie: „Nichts ist in Stein gemeißelt. Manchmal muss man auf sein Bauchgefühl hören. Wir werden sehen, was in Spiel 7 passiert.“

Dass die Mannschaft ein komplett anderes Gesicht zeigte als noch vor zwei Tagen, hatte seine Gründe in der Vorbereitung auf die Partie durch ihren Headcoach und darin, dass die Mannschaft gut darauf angesprochen hat. „Wir haben nach dem letzten Spiel eine knallharte Videoanalyse bekommen, wer was wo falsch gemacht hat. Solche Videos sind immer unangenehm, auch wenn wir als Profis damit umgehen können. Ich glaube, heute hat sich jeder so angestrengt, damit er auf dem nächsten Video nicht zu sehen ist“, verriet Weiß und gab damit einen kleinen Einblick in die resolute Arbeitsweise seines Coaches, der die Mannschaft direkt nach der letzten Niederlage in Berlin ungewohnt harsch kritisiert hatte.

„Wir haben wieder zu unserem Spiel zurückgefunden und nicht mehr so unstrukturiert gespielt wie in Berlin. Wir haben wieder klar nach unserem System gespielt“, resümierte Pascal Zerressen.

„Alle haben heute eine Schippe draufgelegt. Vom Goalie über die Verteidiger bis zu den Stürmern – einfach alle“, befand Umicevic. „Das müssen wir mit ins Spiel 7 nehmen und da genauso auftreten wie heute speziell im letzten Drittel.“

Den vielleicht wichtigsten Satz mit Ausblick auf Spiel 7 am Ostermontag in Berlin, bei dem man sich nicht noch eine Vorstellung wie in Spiel 3 und besonders Spiel 5 leisten darf, sagte nach der Partie am Samstag wohl Johannes Salmonsson. „Wir wissen, dass wir zwei wirklich schlechte Spiele in Berlin abgeliefert haben. Deswegen wissen wir, dass es nicht leicht werden wird. Diese Lektion haben wir gelernt“, so der schwedische Stürmer. Das sollte zumindest für die richtige Haltung und Einstellung im serienentscheidenden Showdown sorgen.

Erstes Bully am Montag ist um 14:30 Uhr. Wir übertragen die Partie live ab 14:15 Uhr.

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

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Viertelfinale Spiel 6: Berlin kann, Köln muss

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