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Ein Abend in Mechelen und wie der KEC die 2. Liga Nord gewann

Der Kölner EC stemmt die Trophäe der 2. Liga Nord . (Foto: Guzmán)
Der Kölner EC stemmt die Trophäe der 2. Liga Nord . (Foto: Guzmán)

Wenn im Mai Eishockeyspiele gespielt werden, dann weiss man, dass es um Titel geht. In einem Nachholspiel wurde am vergangenen Sonntag der Meister der zweiten Liga Nord der Frauen ermittelt. Geplant gewesen war das Saisonende mit dem Ende der Punkterunde. Ein technischer Defekt an der Eismaschine im belgischen Mechelen verhinderte dies aber. Da beide Mannschaften die Liga noch gewinnen konnten, schuf das Schicksal ein Endspiel mit der größtmöglichen Spannung. Die erste Mannschaft der KEC-Frauen machte das Beste aus der Situation und errang Sekunden vor Ende der Partie Sieg und Meisterschaft.

KEC-Frauen Puzzlestück einer Entwicklung

Der Sieg im belgischen Mechelen krönte eine auf verschiedenen Ebenen erfolgreiche Saison der Frauenabteilung. Es ist die ihre erste Saison mit dem Hai auf der Brust und man kann ein absolut positives Fazit ziehen. Die KEC-Frauen haben auch hier das Beste aus ihrer Situation gemacht.

Die „freundliche Übernahme“ der Cologne Brownies ist ein weiteres Puzzlestück der Entwicklung des KEC der Nach-Göttsch-Ära. Unter der Führung von Präsident Maedge hat der Verein zunächst die finanziellen und sportlichen Probleme der Kölner Haie geteilt, es erfolgte der Abstieg der DNL-Mannschaft und der Verlust von Spielern wie den Tiffels-Brüdern und auch Leon Draisaitl. Doch seitdem wurde der Wiederaufstieg geschafft und eine andauernde, hocherfolgreiche Phase der DNL- und Schülermannschaft eingeläutet.

Aber auch auf struktureller Ebene wurde gut gearbeitet. Ein radikaler Umbruch in der Finanzierung des Stammvereins wurde erreicht. Die Partizipation am Sportinternat des 1. FC Köln ermöglicht die Aufnahme von Top-Talenten aus ganz Deutschland. Der „Tag der Junghaie“ mit entsprechenden Trikots rückt die Nachwuchsarbeit einmal in der Saison in das Sichtfeld aller Haie-Fans. Das Kronjuwel aller Zukunftspläne ist der Bau einer neuen, eigenen Trainingshalle mit zwei Eisflächen, an welchem im Hintergrund gearbeitet wird. 

Bestandteil der Eishockey-Kultur

Im Kontext der Profi-GmbH der Kölner Haie, deren Personalrochaden immer neue Handelnde in den Club spülen, ist der Verein KEC aber auch Träger der Haie-DNA und Haie-Kultur. In Abgrenzung zu den Kölner Haien entscheiden hier Menschen, die die Haie seit Jahrzehnten prägen und „in-und-auswendig“ kennen.

Über die Ausbildung von Spielern und deren Bindung an den Verein in verschiedenen Rollen verknüpft der KEC e.V. die Vergangenheit mit der Gegenwart und der Zukunft. Es ist eine gewachsene Rolle, keine geplant-umgesetzte. Während die Kölner Haie stets und einzig am Tagesgeschäft gemessen werden, gilt für den Verein der Maßstab der Beständigkeit. Optisch sichtbar wird dieser Zusammenhang durch das Logo, den „Erlemann-Hai“ aus den späten 70er Jahren. Wurde dieser durch die GmbH in der Vergangenheit mehrfach überholt da „unmodern“, so wirkt er heute auf den Vereins-Trikots stilvoll traditionsreich. 

Eishockey-Kultur ist etwas, was erworben, gelebt und weitergegeben wird. Eishockey-Kultur kann – wie Eishockey-Sachverstand – eingekauft oder im eigenen Verein ausgebildet werden. Leon Draisaitl ist in Köln verhaftet, obwohl er kein einiges Spiel für die Kölner Haie gespielt hat. Sportlich aufgewachsen ist er im KEC e.V., was ein Unterschied ist.

Zur Eishockey-Kultur gehörte der Versuch, Spielern, die dem Nachwuchseishockey entwachsen und nicht den Schritt in das Profi-Eishockey schaffen, in einer Amateurmannschaft im Seniorenbereich eine Heimat zu bieten. Zur Eishockey-Kultur gehörte seit längerem auch, Mädchen solange in den Nachwuchsmannschaften spielen zu lassen, wie es die Leistung erlaubt. Jeder, der spielen will, soll spielen können – begrenzt durch das Leistungsniveau.

Eine Möglichkeit auf hohem Niveau Frauen-Eishockey im KEC spielen zu lassen, gab es bisher nicht. Die Erweiterung des KEC um die Frauenabteilung war aus dieser Sichtweise richtig. Nun stellte sich heraus: Die KEC-Frauen tragen sich finanziell und organisatorisch von selber. Befürchtungen eines „Klotz am Bein“ greifen nicht. Heimlich, still und leise hat der KEC einen logischen und erfolgreichen weiteren Entwicklungsschritt gemacht.

Erfolgreiches erstes Jahr

In ihrer ersten Saison im KEC wurden existierende Strukturen und Mannschaften von den Cologne Brownies übernommen. Und diese schlugen sich erfolgreich: Mit dem Sieg der 2. Liga Nord durch die erste Mannschaft und den Sieg in der Landesliga durch die zweite Mannschaft konnten zwei von drei Mannschaften ihre Ligen gewinnen.

Frauen-Eishockey war im KEC in dieser Saison zunächst ein Experiment mit doppeltem Boden. So fanden sich prägende KEC-Sponsoren nicht auf den Trikots der Spielerinnen. Mit “Fire & Medical Service” fand sich nur ein kleinerer Sponsor aus dem Partner-Pools der Haie-Familie, der genug Courage und Zuversicht für ein Engagement bei den Haie-Frauen hatte. Die “Big Player” fehlten allesamt. Auch: Auf der Mitgliederversammlung wurde eine autarke Abrechnung der Frauen im KEC e.V. hervorgehoben.

Frauen-Eishockey verbleibt im Gesamtkontext einer der letzten Exoten im deutschen Eishockey und am Ende der ersten Saison auch ein Exot im KEC. Dennoch ist ein erste Schritt getan und dieser erste Schritt wurde bestmöglich bewältigt. Nach außen klaglos haben die Spielerinnen und der Trainerstab die vergleichsweise unbefriedigende Situation im KEC hingenommen. Und: Sie haben auf der sportlichen Ebene im Rahmen der Möglichkeiten geliefert. 

“Luft nach oben”

In der Zukunft der Abteilung liegt aber viel Entwicklungspotential. Einer Zukunft, in der der Name „KEC“, die Organisation und die sportliche Leistung Talente, Sponsoren und Fans anziehen. Der Name verpflichtet. Ein KEC mit einer anderen als einer starken Rolle in jedem Kontext – somit auch im Frauen-Eishockey – ist kaum denkbar.

Auf der sportlichen Ebene scheint eine Verbesserung durch den Aufstieg kaum möglich; zu groß ist die Leistungsdiskrepanz zwischen der ersten und den zweiten Ligen. Etablierte Spielerinnen müssten vom Wechsel nach Köln überzeugt werden und die Mannschaft tragen. Dies ist unter den aktuellen Gegebenheiten kaum möglich. Die Anreise zu Auswärtsspielen der ersten Mannschaften auf eigene Kosten und in eigenen PKWs mag hier als Beispiel herhalten. Auch lediglich zwei Trainingseinheiten der ersten Mannschaft pro Woche sind kaum zukunftsweisend. Unabhängig davon, was andere Vereine bieten.

Herzschlagfinale zeigt Stärken und Schwächen

Bei Spielbeginn des Meisterschaftsfinales in Mechelen zeigte sich, dass auch die Haie-Fans vom Frauen-Eishockey erst überzeugt werden müssen. Neben dem obligatorischen „Alles-Fahrer“ Linti fanden sich vor allem Freunde und Familie der Spielerinnen. Nur sehr wenige, ausgesuchte Fans waren am Ende der Saison mitgereist, um die Entscheidung im zufällig herbeigeführten Endspiel zu verfolgen.

Frauen-Eishockey wurde von IIHF-Präsident René Fasel zuletzt als „ein ganz anderes Spiel und nicht vergleichbar mit dem Männereishockey“ bezeichnet. Hiermit liegt er falsch: Es ist das gleiche Spiel, aber ausgeformt in einer anderen Spielart. So wie Eishockeyfans sich an Eishockey der NHL, wie auch der DEL erfreuen können, so muss man sich auf Frauen-, wie auch auf Nachwuchseishockey erst einlassen. Kein Mensch würde jedoch beispielsweise behaupten, dass Nachwuchseishockey kein Eishockey sei.

Es ist eine Spielart, die deutlich langsamer abläuft, als andere Eishockey-Spielarten. Dies bringt den Vorteil mit, die technischen Fertigkeiten der Spielerinnen besser beobachten und der Umsetzung ihrer Ideen auf dem Eis einfacher folgen zu können. Krachende Checks sucht man natürlich vergeblich, doch ist es nicht so, dass hier körperlos gespielt werden würde. Wem DEL-Hockey jedoch im Vergleich zur NHL bereits zu langsam ist, der wird kaum für Damen-Eishockey zu begeistern sein. Allen anderen Fans kann ein unvoreingenommener Besuch der Spiele empfohlen werden. 

Wie die Meisterschaft gewonnen wurde

Die Partie zwischen den Cold Play Sharks Mechelen und dem Kölner EC war geprägt von den deutlichen Stärken und Schwächen der Mannschaften. Die Gastgeberinnen zeigten bereits früh in der Partie ihre läuferische Überlegenheit, während die Haie am Schläger technisch deutlich stärker agierten. Dies führte dazu, dass über die gesamte Spielzeit die von Mechelen vielfach vorgetragenen schnellen Angriffe durch ruhige, routinierte Defensivarbeit gestoppt werden konnten. Gleichzeitig kombinierten die Haie besser nach vorne und konnten sich ein Chancenplus herausspielen.

Die Mannschaft der KEC-Frauen fand einen konzentrierten Einstieg in die Partie. Paulina Geschwandtner konnte bereits nach wenigen Sekunden die Torhüterin der Cold Play Sharks prüfen. Ein starker, langer Pass von Naemi Bär aus dem Defensivdrittel auf die Kelle von Dillenberger leitete in der 12. Minute die 1:0-Führung für die Haie ein. Dillenberger nahm in der neutralen Zone Geschwindigkeit auf und legte dann für Sandmeier vor, die per One-Timer einschießen konnte.

Die Führung sollte bis in das dritte Drittel Bestand haben, weil beide Torhüterinnen stark agierten, teilweise Glück hatten und sich auf die Defensivarbeit ihrer Teams verlassen konnten. Gleichzeitig waren die Mannschaften aber jeweils im Abschluss nicht zielstrebig und hartnäckig genug. Ein vermeintliches 2:0 für den KEC in der 21. Spielminute wurde aberkannt – warum, teilten die Schiedsrichter jedoch nicht einmal den Trainern mit.

Einzelne Druckphasen prägten die Partie, die nicht an Spannung verlor. Das Chancenplus auf Seiten des KEC war nichts mehr wert, als Minuten vor dem Ende Mechelen der Ausgleich gelang. Das etwas verstaubt wirkende Regelwerk, welches keine Playoffs, dafür aber Unentschieden und die 2-Punkt-Regel vorsieht, hätte Mechelen dadurch zum Meister gemacht. Die KEC-Frauen brauchten den Sieg unbedingt.

Nach einem Bandencheck von Ohligschläger, der mit 2+10 geahndet wurde, reduzierten sich die Chancen des KEC sogar noch weiter. Dem KEC-Trainerstab um René Nosper war es aber auch nicht möglich, die Torhüterin zu ziehen, da die Spielsituationen es nicht hergaben.

Seit den Olympischen Spielen wissen wir: Manchmal ist es für die führende Mannschaft besser, den Puck stupide zu halten, um nicht Sekunden vor dem Ende ein Tor zu kassieren. Die KEC-Frauen hatten in den Russen nicht die schlechtesten Ratgeber. Mechelen tat den Haien den Gefallen, Sekunden vor dem Ende den Schuss auf das leere Tor zu wagen und ein Icing zu produzieren. Und so kam es, wie es kommen musste: Bär gewann das Bully in der Offensivzone für den KEC, Schwammborn schoss und irgendwie ladete die Scheibe bei 59:55 im Tor. Die letzten Sekunden brannte nichts mehr an, die Meisterschaft gehörte dem KEC. Wie üblich, hatten die KEC-Frauen das Beste aus der Situation gemacht.

Das Meister-Foto

 

Über den Autor: René Guzmán

René hat Haimspiel.de 2003 zusammen mit Dennis gegründet. Mit Tobias hat er die allererste Radioübertragung aus Iserlohn gesendet. Er war Mitglied des Vorstandes des KEC "Die Haie" e.V., 2010 war er an der Organisation der Ausstellung "Powerplay - Eishockey in Köln" zur Eishockey-WM im Deutschen Sport und Olympia-Museum beteiligt, hat seine Staatsexamensarbeit zum Thema "Eishockey in Deutschland bis 1945" verfasst und z.B. das "Wir sind Haie!"-Logo und das Logo des Haie-Fanprojekts entworfen.

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