Unabhängiges Magazin seit 2003 – Eishockey. Kölner Haie. Köln. DEL.

Hinweis: Dieser Artikel ist älter als sechs Monate. Um immer auf dem aktuellen Stand zu sein nutzt du:

Aktuelle Informationen findest du auf unserer Startseite »

Anforderungsprofile – Niklas Sundblad im Interview

Niklas Sundblad im Interview. Foto: Steffen Thaut
Niklas Sundblad im Interview. Foto: Steffen Thaut

Einer alten Sportweisheit folgend ist nach der Saison vor der Saison. Bevor Niklas Sundblad in der kommenden Woche zu seiner Scouting-Tour aufbricht, sprachen wir mit dem Headcoach der Kölner Haie darüber, wie er sich den Kader für die nächste Spielzeit vorstellt, nach was er konkret bei den Neuverpflichtungen sucht und wo er die finden will.

Herr Sundblad, gehen wir von hinten nach vorne durchs Team. Ein neuer Goalie wird kommen. Wie ist die Idee zur Konstellation? Eine 1A und 1B-Lösung oder einfach nur ein besserer Backup?

Wir wollen nächste Saison ein Duo aus zwei starken Torhütern haben. Beide sollen sich gegenseitig Konkurrenz machen. Danny [aus den Birken, Anm. d. Red.] ist ein starker Torhüter, aber wir wollen, dass er Konkurrenz bekommt. Wir wollen nicht, dass ein Torhüter nächste Saison fünfzig Spiele macht.

Ein Verteidiger soll noch kommen. Wird es ein Rechtsschütze als Ersatz für Andreas Holmqvist?

Ja, das ist genau, was wir suchen. Wir suchen einen jungen, rechtsschießenden Verteidiger, den wir im Powerplay einsetzen können. Es soll ein junger Verteidiger sein, weil wir auch da Energie reinbringen wollen. Er muss einen guten Schuss mitbringen. Der Markt ist da natürlich sehr umkämpft. Viele Mannschaften suchen genau das. Aber wir haben jetzt genug Zeit, um den zu finden, der richtig für uns ist. Holmqvist war sehr, sehr gut speziell im offensiven Bereich. Wir wollen für die Position jetzt eher einen kompletteren Spieler, den wir in allen Situationen einsetzen können, also auch in Unterzahl. Und er sollte körperbetont spielen.

Heißt „körperbetont“, dass es jemand von ähnlicher Statur wie Holmqvist sein soll?

Nein, nicht unbedingt. Es muss vor allem ein beweglicher Verteidiger sein. Wir spielen in der eigenen Zone ein sehr aggressives System. Ein Verteidiger muss also schlittschuhläuferisch gut sein, damit er schnell in die Ecken gehen kann. Es muss also nicht unbedingt ein großer Verteidiger sein. Wichtig ist schnell und beweglich.

Pascal Zerressen hat uns gestern gesagt, dass er davon ausgeht, nächstes Jahr wieder in Köln zu sein.

Ja, ich plane mit Pascal als siebtem Verteidiger. Wir planen in der Defensive mit zwei ausländischen Verteidigern. Pascal ist also wieder dabei.

Kommen wir zum Sturm. Da steht Patrick Hager als Neuzugang schon fest. Was erwarten Sie von ihm?

Patrick Hager ist ein exzellenter Schlittschuhläufer und der beste defensive Center, den es in Deutschland gibt. Er spielt hartes Eishockey und ist ein richtiger Kämpfer. Er hat in dieser Saison über 35 Punkte gemacht. Patrick wird uns sehr helfen. Er ist auch genau im richtigen Alter und bringt auch Führungsqualitäten mit.

Das heißt, Hager ist als Center eingeplant?

Ja, er wird bei uns Center spielen.

In welcher Reihe?

Wir wollen nächstes Jahr vier scorefähige Reihen haben. Ich möchte auch Uvira höher ins Line-Up stecken. Ich glaube, das ist gut für seine Entwicklung. So in etwa wie Nürnberg es mit Yasin Ehliz macht mit zwei erfahrenen starken Spielern in der Reihe. Das sieht man in seiner Entwicklung. Das wollen wir nächstes Jahr mit Sebastian Uvira versuchen zu erreichen.

Das heißt, Sie können sich vorstellen, Uvira und Latta zu trennen?

Ja, das kann ich mir vorstellen. Sie sind beide sehr stark. Nick Latta hat acht Tore gemacht. Er hat sich in seiner ersten Saison hier sehr gut präsentiert. Auch Sebastian Uvira hat viel Potenzial. Es heißt nicht, dass sie unbedingt immer getrennt spielen werden. Aber meine Idee ist, vier ausgeglichene Blöcke zu haben. Deswegen kann es vielleicht Sinn machen, die beiden zu trennen. Aber da muss man natürlich auch abwarten und sehen, was für Spieler wir noch dazu bekommen.

Wenn Hager als Center eingeplant ist, dann wird es in der Mitte ja schon ziemlich voll. Ist Charlie Stephens auch weiter als Center geplant?

Charlie ist auch als Center eingeplant, aber ich kann ihn auch auf allen anderen Positionen einsetzen. Er kann auch auf dem Flügel oder als Verteidiger spielen. Er wird so ein bisschen eine Rolle bekommen, wie Greg Classen sie früher bei mir hatte. Als Center, als Außen, als Verteidiger – wir können ihn in allen Bereichen einsetzen. Mit allen sind wir in der Mitte natürlich tief besetzt, aber auf der Center-Position kann man gar nicht tief genug besetzt sein.

Ein 1. Reihe-Center soll ja auch noch kommen. Nach was für einem Kaliber wird da gesucht?

Er muss spieltechnisch richtig gut, kampfstark und ein guter Schlittschuhläufer sein. Er muss ein guter Forechecker sein, Unterzahl und Überzahl spielen. Ein kompletter Spieler mit Scoring-Touch. Wir brauchen Punkteproduktion. Wir haben in dieser Saison nicht genug Tore gemacht. Wir suchen einen kleinen, schnellen, kreativen Stürmer. Köln hat viele kreative Spieler verloren z.B. Felix Schütz, Nathan Robinson, Rok Ticar, Marco Sturm. Diese Spielertypen hat Köln nicht mehr. Da schauen wir, ob wir ein paar finden.

Besetzen Sie nach dem Abgang von Iggulden, Johnson und Minard eine komplette Reihe neu?

Es muss grundsätzlich nicht so sein, dass die Reihen immer so zusammenbleiben. Könnte so sein, aber das muss es nicht unbedingt. Wir beobachten viele Spieler um zu sehen, was zu uns passt. Mir sind die schlittschuhläuferischen Fähigkeiten extrem wichtig. Das heißt nicht zwangsläufig, dass wir nur nach kleinen, wendigen Spielern schauen, aber es müssen in erster Linie sehr gute Schlittschuhläufer sein, damit wir unser System besser spielen können. Wir wollen hart vorchecken. In dieser Saison waren wir dafür ein bisschen zu langsam. Wir sind nicht in unseren Forecheck reingekommen. Wenn man nicht in den Forecheck reinkommt, dann ist es schwer, unser Spiel zu spielen.

Sie wurden zitiert, dass deshalb nach jungen Spielern gesucht werden soll. Ist das Bedingung?

Nein. Wir wollen in erster Linie gute Eishockeyspieler finden. Wenn jemand 30 oder 31 ist, dann kann ich damit leben. Aber wir haben bereits ältere Spieler im Kader, deswegen sollten wir insgesamt jünger werden. Wir werden sehen, was wir finden und was der Markt hergibt. Aber man muss sich auch nichts vormachen: Die 25-jährigen Top-Spieler aus Übersee spielen nicht in Deutschland. Die spielen in Schweden, in der Schweiz oder gehen in die KHL. Das ist Fakt. Wir sind auch kein Ausbildungsplatz für jüngere ausländische Spieler. Wenn hier ein Ausländer reinkommt, dann muss er reinkommen und liefern. Und er sollte schon Führungsqualitäten mitbringen. Die Alterklasse, die für uns bei den Import-Spielern in Frage kommt, ist also so um die 28 oder 29 Jahre.

Beim Thema Führungsqualitäten: Wie sehr achten Sie auf Charakter oder Einstellung eines Spielers?

Der Charakter ist sehr, sehr wichtig. Man muss gute Jungs finden. Es ist wichtig, dass sie in die Mannschaft passen. Das ist auch ein wichtiger Punkt bei den Spielern, die wir schon beobachten. Man kann allerdings nur bedingt Schlüsse aus der Vergangenheit eines Spielers ziehen. In der einen Mannschaft passt jemand super, in der nächsten Mannschaft passt er überhaupt nicht. Man kann nie ganz sicher sein. Aber wir nutzen unsere Kontakte, um uns zu informieren. Man erkundigt sich über einen Spieler. Ich lege Wert darauf, einen Spieler zu treffen und mit ihm zu reden. Ich finde, es ist von Vorteil, wenn man ein Gefühl dafür entwickeln kann, wie er Dinge sieht oder was sein Ziel ist. Mit Ryan Jones habe ich zum Beispiel viel gesprochen. Da wusste ich, das ist ein Kämpfer. Man muss einen guten Mix von Charakteren hinbekommen. Natürlich geht es nicht, wenn jemand morgens im Halbschlaf in die Kabine kommt. Aber eine ganze Kabine voll mit Energiebündeln wie Jones und Uvira würde auch nicht funktionieren. Mir ist wichtig, dass ein Spieler bereit ist, schon im Training zu marschieren. Ich bin kein Freund von laschem Training. Je härter wir trainieren, umso besser können wir spielen. Dazu braucht man Spieler, die bereit sind, da mitzuziehen. Das ist meine Philosophie.

Wann geht es los auf Scouting-Tour?

Ich werde am Montag in Stockholm sein. Danach fahre ich zusammen mit Franz nach Zürich. Dann geht es weiter nach Kanada, weil es in der Atlantic Division auch einen Spieler gibt, den wir uns anschauen wollen. Dann werden wir natürlich bei der Weltmeisterschaft sein. In der DEL schauen wir uns auch um, aber die kennen wir natürlich ohnehin sehr gut. Wir wollen gerne auch in der zweiten Liga schauen genauso wie in der Oberliga. Wir haben natürlich ein Auge auf die Spieler in Duisburg. Wenn wir uns jetzt auf die Reise machen, dann schauen wir uns schon konkret ein paar Spieler an, an denen wir interessiert sind, aber natürlich hält man auch die Augen offen bei Spielern, die nicht auf unserer Liste stehen. Es ist aber auch gut, einfach Liga-Spiele woanders zu sehen, um ein Gefühl dafür zu kriegen, wo wir hier stehen im Vergleich. Das hilft einem einzuschätzen, was es auf die DEL übertragen bedeutet, wenn jemand zum Beispiel in der AHL 80 Punkte macht. Wie gut sind die Top-Reihen da im Vergleich zu den Top-Reihen hier in der DEL? Speziell auf die Schweiz bin ich sehr gespannt. Der Prozess der Spielersuche geht natürlich den ganzen Sommer weiter, aber der Vorteil jetzt ist, dass noch gespielt wird und man die Jungs selbst sehen kann und sich nicht auf Scouting-Reports oder Videos im Internet verlassen muss. Nur wenn man vor Ort ist, kann man beobachten, wie die Körpersprache von einem Spieler ist, wie er sich auf der Bank verhält. Das bekommt man sonst nicht mit. Und das ist viel wert.

Kurz eingehakt beim Thema Oberliga und Nachwuchs: Wieviel Zeit verwenden Sie und Franz Fritzmeier darauf, da im Thema zu bleiben?

Viel! Wir schauen immer, was da passiert. Franz hat den meisten Kontakt und schaut von uns auch die meisten Spiele. Franz spricht auch jeden Tag mit der DNL. Was gibt es für Spieler? Welcher Spieler kann uns bei den Profis helfen? Was können wir besser machen? Wir versuchen, so viel Kontakt wie möglich zu haben. Das ist ein wichtiger Punkt.

Sind Sie ein Freund vom Abwarten der NHL-Trainingscamps?

Da sind wir dann wieder bei den Top-Spielern. Die haben natürlich alle den Traum, in der NHL zu spielen. Wenn der Traum geplatzt ist, dann ist die nächste Option die KHL, weil da mehr gezahlt wird als im Rest von Europa. Aber wir werden sehen, wenn ich bis dahin nicht die Spieler gefunden habe, die wir brauchen. Ich werde jetzt nicht losmarschieren und wahllos irgendwas zusammenkaufen. Wenn es nicht passt, dann warten wir lieber ab. Normalerweise kommen im August viele Spieler auf den Markt, also ist das eine interessante Phase. Ein Chris Lee zum Beispiel kam im August auf den Markt, der ein toller Spieler war, sich dann in der DEL und Schweden präsentiert hat und inzwischen Millionen in der KHL verdient. Also, mal sehen. Wir haben hier einen tollen Stamm an deutschen Spielern, und den wollen wir auf den freien Positionen effektiv verbessern. Dafür werden wir nichts überstürzen.

Petri Liimatainen wird den Trainerstab erweitern. Wie wird sich das in der Konstellation konkret darstellen?

Petri und ich haben ja schon zusammengearbeitet. Er bringt viel Erfahrung mit. Mit ihm bekommen wir eine weitere kompetente Stimme hier rein. Wir werden hier ein Team mit zwei Assistant-Coaches. Das wird besonders wichtig, wenn etwas schief läuft. Dann ist es sehr wertvoll, sich mit noch jemandem auszutauschen. Petri als alter Verteidiger wird natürlich mehr den Fokus auf der Defensive haben, mit den Verteidigern arbeiten und hat da den Vorteil bei den kleinen Details. Franz und ich waren beide Stürmer. Franz arbeitet mit den Stürmern und ist da besser mit den Details. Dann haben wir ja auch noch unseren Torwarttrainer Jonas Forsberg, der zehn Tage im Monat hier ist. Ich bin verantwortlich für die Taktik, die Videoanalysen, das große Ganze. Jeder bringt aus seinem Bereich seinen Input. Je breiter wir uns in allen Bereichen im Trainerstab aufstellen können, umso besser für uns.

Wir bedanken uns bei Niklas Sundblad für das Interview!

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

Vorheriger Artikel

Letzte Worte von Holmqvist und Minard

5 Kommentare

  1. CCAA1966
    05.03.2015

    Na dann. Hoffen wir das er die Leute kriegt die er sucht.

  2. Kai
    06.03.2015

    Keine einzige kritische Frage zur extrem schwachen Vorsaison – das nenne ich schlechten Journalismus, Frau Kollegin!

  3. Kieler Hai
    07.03.2015

    Sehr gutes Interview. Analyse, Anforderungsprofil für die neuen Spieler sind nachvollziehbar. Genau das hat vor der letzten Saison bei UK und LN gefehlt. Die Letzte Saison wurde mit dem Rausschmiss der Kreativen und in der Vorbereitung verloren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.