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1:0-Führung in der Serie

Hager jubelt mit Gogulla. Foto: Steffen Thaut.
Hager jubelt mit Gogulla. Foto: Steffen Thaut.

Die Kölner Haie sicherten sich am Mittwochabend nicht nur die 1:0-Führung in der Playoffserie gegen die Adler Mannheim, sondern haben auch eine wichtige Lektion gelernt: hörst du auf, dein Spiel zu spielen, dann lässt du den Gegner zurück in die Partie. 6:3 stand es am Ende für den KEC, doch das deutliche Ergebnis täuscht über den engen Spielverlauf hinweg.

Eigentlich lief für die Haie alles nach Plan. Die Adler erwischten zwar den besseren Start in die Partie und kamen vor allem durch die Reihe Ullmann-Hospelt-Rheault zu guten Chancen, aber Gustaf Wesslau im Tor des KEC verhinderte den Führungstreffer für die Gäste. Ab Mitte des ersten Drittels fanden die Haie dann ihren Tritt, waren aggressiver in der Arbeit im eigenen Drittel und kamen so zu Konterchancen. Zwei davon nutzten sie konsequent. Zunächst legte die erste Reihe vor, als Philip Gogulla auf Zuspiel von Johannes Salmonsson zur 1:0 Führung traf. Fünf Minuten später erhöhte die vierte Reihe auf 2:0.

„Es ist eine Weile her, dass ich getroffen habe“, lächelte Torschütze Charlie Stephens. „Die Aufgabe meiner Reihe ist es nicht unbedingt, Tore zu schießen, aber wenn wir eins beisteuern können, dann ist das toll. Ich bin froh, meine Torflaute beendet zu haben – besonders jetzt in den Playoffs.“

Die vierte Reihe war schon im Saisonendspurt der „unbesungene Held“ der Mannschaft. Mit Verteidiger Pascal Zerressen auf dem Flügel war sie in Zeiten der Verletzungsausfälle aus der Not geboren worden, hat sich aber als eine zuverlässige Größe etabliert. „Unsere Aufgabe ist es, so viel Minuten zu übernehmen, dass die Top-Reihen durchschnaufen können. Wenn wir ein Tor beisteuern können, ist das toll, aber unsere Aufgabe ist eher, die Reihe gegen uns in Schach zu halten. Wir spielen in dieser Formation jetzt schon eine Weile zusammen. Solange wir gleichgut wie oder besser als die gegnerische Reihe sind, helfen wir unserer Mannschaft zu gewinnen. Unsere Reihe ist ein bisschen improvisiert zusammen gekommen, aber es funktioniert“, stellt Stephens fest.

Schon in der ersten Minute des Mittelabschnitts erhöhten die Haie durch Philip Gogullas zweiten Treffer des Abends auf 3:0. Der Treffer markierte das Ende des Arbeitstages für Adler-Goalie Ray Emery. Youri Ziffzer übernahm im Mannheimer Tor. Als Christoph Ullmann in der 23. Minute zum 1:3-Anschluss für die Gäste traf, blieben die Hausherren die Antwort aber nicht lange schuldig. Patrick Hager stellte mit seinem Tor zum 4:1 nur 17 Sekunden später den alten Abstand wieder her. Was die Adler an Hoffnung aus dem Ullmann-Tor gezogen haben konnten, wurde sofort wieder zunichte gemacht.

Die Messe schien gelesen. Das Gefühl schienen auch die Haie zu haben, die sich ab diesem Zeitpunkt auf der Führung ausruhten. Sie ließen den Adlern Raum, schenkten die neutrale Zone her, waren nicht mehr dicht am Mann und luden die Gäste damit förmlich ein, zurück in die Partie zu finden. Und die ließen sich nicht zweimal bitten. Erst verkürzte Sinan Akdag mit einer schönen Einzelaktion auf 2:4, dann gelang Ullmann mit seinem zweiten Treffer der Partie auch noch das 3:4. Die Adler waren dank der Passivität der Haie plötzlich wieder im Geschäft.

„Wir haben die Adler zurück ins Spiel kommen lassen“, stellte Philip Gogulla nach dem Spiel fest. „Im zweiten Drittel haben wir nicht mehr das gespielt, was wir uns vorgenommen haben. Wir haben uns wahrscheinlich zu sicher gefühlt. Das ist in der Saison schon öfter vorgekommen. Das darf einfach nicht passieren. Und schon gar nicht in den Playoffs. Das wird bestraft.“

„Wir haben angefangen, nicht mehr so konsequent in den Forecheck zu gehen und in der neutralen Zone vielleicht eher passiv zu spielen. Aber sowas nutzt eine Mannschaft wie Mannheim natürlich aus“, erklärte Patrick Hager. „Damit haben wir das Momentum aus der Hand gegeben. Sie kamen Welle auf Welle auf uns zu, und wir sind zu passiv gewesen.“

Mit der dünnen Führung ging es dann ins Schlussdrittel, in dem die Adler versuchten, weiter am Drücker zu bleiben. Der KEC fand aber in die Spur zurück und ließ nur noch wenig zu. Mannheim kam vorrangig mit Distanzschüssen durch, mit denen Gustaf Wesslau aber keine Probleme hatte. Craig Woodcroft nahm zwei Minuten vor Schluss Ziffzer zugunsten eines sechsten Feldspielers vom Eis, doch die Haie verhinderten konsequent den Spielaufbau der Adler. 59 Sekunden vor Schluss komplettierte Gogulla seinen Hattrick ins leere Mannheimer Tor. Woodcroft nahm noch eine Auszeit, aber seine Mannschaft konnte auch mit einem abgesprochenen Spielzug keine Gefahr mehr aufs Kölner Tor bringen. Die Haie eroberten sich die Scheibe erneut zurück, und so konnte Moritz Müller einen zweiten Empty-Netter zum 6:3-Endstand versenken.

Den Sieg Nummer 1 hat der KEC in der Tasche, aber allen Akteuren war nach der Partie bewusst, dass man aus dem Verlauf der Partie etwas lernen muss. „Im letzten Drittel hat man gesehen, wenn wir wieder konsequent in den Forecheck gehen, nah am Mann sind und schon in der gegnerischen und der neutralen Zone den Druck aufbauen, dann ist es wesentlich leichter, in der eigenen Zone zu verteidigen. Daraus müssen wir lernen“, stellte Hager fest. „Wir haben mit Cory einen Trainer, der die richtigen Worte findet. Er hat in der zweiten Pause die taktischen Mängel in ganz normalem, ruhigen Ton angesprochen. Wir wissen aber auch alle, welche Fehler wir gemacht haben. Aber es hilft natürlich, wenn der Trainer reinkommt und nochmal den Finger in die Wunde legt.“

„Im zweiten Drittel haben wir für 10 oder 12 Minuten den Fuß vom Gaspedal genommen. Damit haben wir ihnen die Chance gegeben, ins Spiel zurückzukommen. Das Positive an diesem Spiel ist, dass wir die 1-Tor-Führung im letzten Drittel verteidigt haben. Das Negative ist, dass wir sie zurück ins Spiel gelassen haben. Das Gute ist, dass wir daraus etwas lernen können. Wenn wir da einfach so durchmarschiert wären, dann wären wir im nächsten Spiel vielleicht nicht so aufmerksam. Jetzt wissen wir, dass wir das komplette Spiel dran bleiben müssen“, resümiert Stephens mit Ausblick auf Spiel 2 am Freitag in Mannheim.

„Wir haben zwar gewonnen, aber wir müssen besser sein. Wir können aber auf dem letzten Drittel aufbauen“, meinte Haie-Headcoach Cory Clouston nach der Partie. „In meinen Augen sind die Adler ein viel besseres Team, als es ihre Platzierung in der Tabelle aussagt. Wir müssen defensiv ein bisschen konstanter werden. Ich musste in der zweiten Drittelpause nicht viel sagen. Wir haben Führungsspieler in der Kabine, die das schon erledigt hatten. Wenn uns vor der Partie jemand gesagt hätte, dass wir mit einer Führung ins letzte Drittel gehen, dann hätten wir das gerne genommen. Wir fanden, dass wir das Spiel immer noch selbst in der Hand hatten. Aber wir wussten, dass es nicht einfach werden würde. Wir haben in diesem Spiel gelernt: Wenn wir den Faden in unserem Spiel ein wenig verlieren, ihn aber wiederfinden, dann wird alles gut.“

In der Summe war der Sieg der Haie verdient und vielleicht explizit in dieser Form ein guter Start in die Playoffs. Ebenso wichtig wie der Lerneffekt aus dieser Partie ist aber auch die Form, in der sich vor allem die Kölner Topreihe präsentiert hat. Vier Tore steuerte die Formation mit Salmonsson, Hager und Gogulla im ersten Spiel bei. „Man nimmt sich natürlich persönlich vor, dass man den Unterschied ausmachen will. Wir haben das ganze Jahr schon gesagt, dass wir immer den Anspruch haben“, so Patrick Hager über die Torausbeute seiner Reihe. „Am Ende steht der Sieg über allem. Wenn wir es schaffen, mit unserer Reihe dazu beizusteuern, dann sind wir aber natürlich umso glücklicher.“

Spiel 2 steigt am Freitagabend in der Mannheimer SAP-Arena um 19:30 Uhr. Wir übertragen die Partie live ab 19:15 Uhr.

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

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Spiel 1: Serienauftakt in Köln

2 Kommentare

  1. Traumpass
    10.03.2016

    Der Hinweis auf die “Ansprache” durch Führungsspieler in der zweiten Drittelpause macht Hoffnung, denn es war sicherlich keine taktische Anweisung des Trainers, nach dem 4:1 das Schlittschuhlaufen für den Rest des Drittels einfach einzustellen. Da kam wieder der alte Schlendrian des Teams durch, der in der Vor-Clouston-Ära der Saison eine echte Konstante war und bestimmt ein gutes Dutzend Punkte gekostet hat.

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