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Viertelfinalgegner Berlin: Der Motivator gegen den Strategen

Kölner Haie gegen Eisbären Berlin - Foto: Florian Müller

Die Eisbären sind wieder da. Nach einer enttäuschenden Vorsaison, die auch der Trainerwechsel nicht hatte retten können, beendeten die Berliner die Hauptrunde 2015/16 auf Tabellenplatz 2 – standesgemäß. Großen Anteil an der Konsolidierung des Hauptstadtclubs hat Uwe Krupp. Er hat der Mannschaft, die in der vergangenen Off-Season kaum Veränderungen erfahren hat, wieder Selbstvertrauen, Struktur und eine Identität gegeben. Laut Eisbären-Kapitän André Rankel hat Krupp es geschafft, den Spielern wieder das Gefühl zu vermitteln, gute Eishockeyspieler zu sein.

Uwe Krupps herausragendste Eigenschaft ist seine Fähigkeit zu motivieren. Das Ergebnis ist eine Hauptrunde ohne große Durchhänger. Sein Team fast durchgängig über 52 Punktspiele hinweg bei der Stange zu halten, ist außer Krupp nur Iserlohns Jari Pasanen gelungen. Ist der Berliner „Swagger“ also zurück? Gehen die Eisbären wieder mit demselben Selbstbewusstsein vergangener dominanter Jahre in diese Playoffs?

Das Selbstbewusstsein der Haie hat in den letzten vier Wochen eine große Entwicklung durchgemacht. Nicht nur allein Struktur und System, die Cory Clouston der Mannschaft verpasst hat, sondern auch die Art und Weise, wie er aus den Spielern eine Einheit geformt hat, hat die Selbstwahrnehmung des Teams und damit die mentale Stabilität zum Positiven verändert. Die Aufbauarbeit ist inzwischen weitestgehend abgeschlossen. Clouston arbeitet mit der Mannschaft und am Gegner mittlerweile so, als wäre es nie anders gewesen. Gegen Mannheims Headcoach Craig Woodcroft war es ein Coaching-Duell auf Augenhöhe. Mit Uwe Krupp trifft der Stratege Clouston nun auf ein deutlich emotionaleres Gegenüber. Es besteht zumindest kein Zweifel, dass beide Teams für den Start in die Serie bereit sein werden.

Wie bereit, das werden die Kölner Haie in Kürze herausfinden, wenn das erste Spiel der Viertelfinalserie am Dienstagabend in Berlin läuft. Eine Partie, in die die Eisbären ausgeruht gehen, während der KEC sein viertes Spiel in sieben Tagen absolvieren wird. In Berlin ist man nicht undankbar, dass es in der Pre-Playoff-Runde der Haie über die volle Distanz von drei Spielen ging. Eisbären-Stürmer T.J. Mulock äußerte zumindest die Hoffnung auf ein wenig Erschöpfung beim Gegner nach der harten Serie gegen die Adler Mannheim.

Was auf die Haie auf jeden Fall zukommt, ist eine schwerer zu knackende Defensive als gegen Mannheim. Aussetzer wie beim amtierenden Meister sind in der Berliner Zone eher Mangelware. So viele Großchancen wie in Spiel 3 gegen die Adler sollte man also nicht liegenlassen. Doch die Eisbären sind sich ebenso der Defensiv-Stärke der Haie bewusst. Beide Teams leben zudem vom druckvollen Forecheck, in dem mangelndes Selbstbewusstsein keinen Platz hat. Für beide Teams wird es entscheidend sein, die Scheibe unter Druck kontrolliert aus der eigenen Zone zu bringen.

Das schnelle Umschaltspiel aus der Defensive in die Offensive ist ebenfalls sehr vergleichbar, auch wenn die Haie hier einen kleinen Geschwindigkeitsvorteil haben. In Sachen Physis liegen die Berliner – wie auch Mannheim – gegenüber den Haien ein paar Kilo vorn. Bei den Haien bleibt also weiterhin der Wille gefragt, den körperlichen Preis für einen Pass oder eine Scheibeneroberung in der Bande zu bezahlen.

Den Erholungsvorteil der Eisbären könnten die Haie zumindest im ersten Spiel damit wettmachen, dass sie keinen Kaltstart wie die Berliner hinlegen müssen. Die Mannschaft von Cory Clouston ist bereits auf Playoff-Betriebstemperatur und auf einem Intensitäts-Niveau angekommen, das die Eisbären erst noch erreichen müssen. In Spiel eins kann das zumindest für das erste oder die ersten beiden Drittel ein Pluspunkt für die Haie werden.

Das Heimrecht liegt bei den Berlinern und damit auch die Oberhand bei der Kontrolle der Reihen-Match-Ups. Ein Vorteil, den Cory Clouston gegen die Adler zur Verfügung hatte und erfolgreich einsetzte. Seine erste Reihe vom Duell mit einer Checking-Line wegzubekommen, war einer der ausschlaggebenden Faktoren in der Mannheim-Serie. Die Eisbären treffen nun allerdings auch auf eine KEC-Mannschaft, die nicht mehr nur eine heiße erste Reihe hat. Die Falk-Formation hat ihre Torflaute im entscheidenden Spiel gegen Mannheim eindrucksvoll und überzeugend beendet. Die vierte Reihe hatte schon im ersten Spiel getroffen. Der zweiten Reihe um Nick Latta fehlte gegen Mannheim zwar noch ein wenig Scheibenglück, aber besonders in Spiel 3 hatte sie sich einige sehr gute Chancen erarbeitet.

Die Berliner sind tief besetzt. Auf eine lange Serie gesehen, ist das in jedem Fall ein Vorteil. Für die Haie steht aber zumindest die Hoffnung im Raum, dass Ryan Jones im Laufe des Viertelfinales wieder einsatzfähig sein wird. KEC-Sportdirektor Mark Mahon wollte im Pressegespräch vor dem ersten Spiel gegen die Eisbären keine konkrete Prognose für die Rückkehr des kanadischen Stürmers abgeben. Jones‘ Genesungsfortschritt werde täglich überprüft und bewertet, so Mahon. Das grüne Licht von medizinischer Seite könne jetzt jederzeit kommen. Jones ist zumindest zusammen mit der Mannschaft am Montag nach Berlin angereist.

Die Haie haben die erste Playoffrunde ohne größere Schäden überstanden. Abgesehen von den jahreszeitüblichen kleinen Blessuren ist das Team in guter Verfassung.

Was das Viertelfinale signifikant von der ersten Playoff-Runde unterscheiden wird, ist die in jedem Spiel wechselnde Schiedsrichter-Einteilung. In der Köln-Mannheim-Serie leiteten durchgängig Lars Brüggemann und Daniel Piechaczek die Spiele. Ab sofort wird in jeder Partie ein neues Hauptschiedsrichtergespann im Einsatz sein. Die Spieler werden sich also in jeder Partie an die Linie der Unparteiischen anpassen müssen.

Mit welchem Gefühl die Haie in das Viertelfinale gehen, beschreibt Jean-Francois Boucher wie folgt: „Mit dem Einzug ins Viertelfinale haben wir uns eine Tür aufgestoßen. Das ist die Stimmung in der Kabine gerade.“

Spiel 1 in der Serie gegen die Eisbären findet am Dienstagabend um 19:30 Uhr in der Berliner Mercedes Benz Arena statt. Wir übertragen die Partie live ab 19:15 Uhr.

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

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Spiel 3: „Hai-Noon“ um 14:30 Uhr

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