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Saisonhalbzeit: Niklas Sundblad im Interview

Niklas Sundblad im Interview. Foto: Steffen Thaut
Niklas Sundblad im Interview. Foto: Steffen Thaut

Kurz vor Saisonhalbzeit und mit den Kölner Haien auf Tabellenplatz 9 trafen wir Niklas Sundblad zum ausführlichen Interview nach dem Mittwochstraining. Der KEC-Headcoach spricht über die aktuelle Situation, sein Vertrauen in die Mannschaft und über einzelne Spieler – auch über diese Saison hinaus, sowie zum Stand des Haie-Lazaretts.

Herr Sundblad, haben Sie Angst um ihren Job?

Nein, ich habe keine Angst. Wir sind natürlich mit Platz 9 nicht zufrieden. Das ist klar. Aber wir trainieren sehr gut, und ich bin total überzeugt von der Mannschaft und davon, dass wir wieder mehr Spiele gewinnen. Jede Mannschaft hat Höhen und Tiefen im Laufe einer Saison. Mannheim hat gerade fünf Spiele in Folge verloren. Wir haben zwei der letzten drei Spiele gewonnen. Wir sind auf dem Weg nach oben, aber wir müssen Konstanz finden.

Sowohl in der Defensive als auch in der Offensive gibt es Probleme. Patrick Hager sagte bei uns im Interview, dass er das Gefühl hat, noch nicht alle Jungs sind schon so vertraut mit dem System, dass alles automatisch passiert. Teilen Sie diesen Eindruck?

Wir wollen das System natürlich immer verbessern. Wir sehen, was für Fehler passieren und was wir besser machen können. Die Blaue Linie ist einen oder anderthalb Meter weiter weg als vor zwei Jahren. Allein deswegen musste man schon ein paar Anpassungen machen. Im Grunde kennen schon alle im Team das System, aber wir versuchen es im Laufe der Saison immer zu optimieren. Und je nach Gegner spielen wir vielleicht mal ein 1-1-3 oder ein 1-2-2. Das Wichtige ist der Fokus auf uns. Ich sehe es nicht so, dass die Jungs Probleme mit dem System haben. Das Problem, warum wir Spiele verloren haben, sind meistens individuelle Fehler. Die können passieren. Aber der Fehler liegt nicht am System. Individuelle Fehler, verlorene Zweikämpfe sind unser Problem. Meiner Meinung nach werden Spiele gewonnen, wenn man besser Schlittschuh läuft, mehr Zweikämpfe gewinnt, mehr Schüsse aufs Tor bringt und mehr Schüsse blockt als der Gegner. In den letzten zwei oder drei Spielen haben wir besser gespielt. Da haben wir Kampfgeist gezeigt. Wir kriegen momentan zu viele Gegentore. Zu Beginn der Saison hatten wir die wenigsten Gegentore der Liga und haben die meisten Tore geschossen. Am Spiel in der eigenen Zone arbeiten wir im Moment. Da müssen wir Kleinigkeiten verbessern. In der Offensive gibt es kein Problem.

Aber es gibt zahlreiche Spiele, in denen die Mannschaft weniger als 20 Schüsse aufs Tor gebracht hat. Sind Sie damit zufrieden?

Aber wir schießen doch Tore. Klar, wir haben Spieler, die gerne Pässe schlagen und gerne kreativ sein wollen. Wir könnten mehr schießen, aber das Wichtigste ist, die Tore zu machen. Und die machen wir genug. Sicher wollen wir auch mehr Scheiben aufs Tor bringen und mehr Druck auf den gegnerischen Torhüter machen. Aber das Problem ist nicht die Menge an Toren, die wir schießen, sondern die Menge an Gegentoren. Wir müssen die Gegentore reduzieren.

Man verbringt ja durchaus viel Zeit in der Angriffszone. Stimmt in Ihren Augen Aufwand und Ertrag, wenn man es dann nicht schafft, sich ein sicheres Polster herauszuschießen?

Möglichst lange in Scheibenbesitz zu sein und dann möglichst viel Zeit in der Angriffszone zu verbringen, ist Teil unseres gameplan. Wir wollen die Scheibe in der Angriffszone halten. Natürlich wollen wir Scheiben aufs Tor bringen und Torchancen kreieren, aber die Scheibe lange in der Angriffszone zu halten und zu behaupten, ist Teil unseres gameplan. Ich bin lieber in der Angriffszone als in unserer eigenen Zone.

Nutzt die Mannschaft ihre läuferischen Fähigkeiten gut genug aus?

Niklas Sundblad im Training - Foto: Steffen Thaut

Niklas Sundblad im Training – Foto: Steffen Thaut

Ja, ich finde schon. In den letzten zwei oder drei Wochen haben wir auch nochmal im Training daran gearbeitet. Wir wollen den Dampf zurück in die Beine kriegen. Ich habe das Gefühl, wir kriegen den langsam zurück. Aber nochmal: wir stehen nicht so schlecht da mit 51% winning-percentage. Es ist noch alles eng beieinander. Rein theoretisch könnten wir nächsten Mittwoch auf Platz 4 stehen. Klar ist es kein Spaß, wenn man immer verliert und gewinnt und wieder verliert. Es sind eben viele Kleinigkeiten, die wir besser machen müssen. Aber es ist eben auch nicht alles schlecht gerade. Der Kampfgeist muss einfach stimmen und wir müssen den Preis dafür bezahlen, Spiele zu gewinnen, Schüsse blocken und so weiter. Das Gute ist, dass wir die Fehler jetzt machen und abstellen können und nicht erst im März, denn dann ist die Saison vorbei.

Es gibt immer wieder gute Phasen in Spielen – wie zum Beispiel das zweite Drittel gegen Iserlohn oder in Berlin nach Ablauf der Zerressen-5-Minuten-Strafe, nach der enorm Druck gemacht wurde. Warum ist es nicht möglich, das über 60 Minuten oder zumindest annähernd 60 Minuten zu bringen?

Das ist sehr schwer. Das sieht man sehr selten. Es gibt immer unterschiedliche Phasen im Laufe eines Spiels. Der Gegner schießt ein Tor, bekommt das Momentum. Dann schießen wir zwei Tore und bekommen das Momentum zurück. Man muss vielleicht den Unterschied zwischen den Phasen, wenn man das Momentum hat und wenn man es nicht hat, kleiner machen. Wir haben da oft Probleme. Wenn man das Momentum nicht hat, muss man trotzdem mit Selbstvertrauen spielen. Wenn die Scheibe nicht für uns läuft, dann müssen wir diese Phasen überstehen, defensiv gut spielen und wenigstens kein Tor kassieren, bis wir das Momentum zurückgewinnen. Aber kaum eine Mannschaft schafft das über 60 Minuten. Im Laufe eines Spiels gibt es immer Aufs und Abs. Konstanz über 60 Minuten ist schwer herzustellen.

Die Reihe Gogulla-Hager-Jones, die die Offensive der Mannschaft gerade trägt, lebt viel von ihrer kämpferischen Stärke. Auch die Reihe mit Falk und Salmonsson und welchem Winger auch immer lebt von ihrem kämpferischen Element. Das scheint der offensichtlichste Unterschied zur Techniker-Reihe mit Aslund und Umicevic zu sein, die sich über längere Strecken der Saison schwer getan haben. Fehlt da das kämpferische Element in der Reihe?

Man muss die richtige Mischung in den Reihen finden. Die Reihe Gogulla-Hager-Jones ist eine gute Mischung. Falk hat mit Salmonsson und Uvira zwei starke Schlittschuhläufer in seiner Reihe. Das ist eine gute Checking-Reihe. In der Reihe Weiß, Aslund und Umicevic haben wir Skill und Speed. Weiß soll da defensiv spielen. Die Reihe Ohmann-Stephens-Boucher ist auch eine gute Checking-Reihe. Die Mischung in den Reihen ist ok, finde ich. Eine gute Reihe hat einen Center, einen Checking-Forward und einen Knipser.

Über Jean-Francois Boucher müssen wir kurz sprechen – der ja eigentlich gar nicht hier wäre, wenn sich Marcel Ohmann bei der Nationalmannschaft nicht so schwer verletzt hätte. Boucher bringt eine Menge Energie mit ins Spiel.

Ich kannte Boucher ja lange aus Ingolstadt. Da wusste ich genau, was wir kriegen. Ich bin mit ihm bis jetzt sehr zufrieden. Er ist ein unheimlich loyaler Mannschaftsspieler. Er nimmt die Rolle an, die man ihm gibt. Er gibt immer 100%, egal ob er drei Wechsel oder zehn Wechsel in einem Spiel hat. Er blockt Schüsse – der macht alles. Er ist ein sehr, sehr guter Rollenspieler.

Die etatmäßig geplante 1. Reihe wären ja Aslund, Williams und Umicevic. Jason Williams war in keinem der Spiele, die er absolviert hat, bei 100%, oder?

Nein, er war nie bei 100%. Er hatte die ganze Zeit mit seiner Rückenverletzung zu tun. Deswegen haben wir jetzt gesagt, dass er erst wieder zurückkommt, wenn er wieder ganz fit ist. Es macht auch für ihn selber keinen Sinn, halb-fit zu spielen. Das wird sicher dauern. Einer so schweren Rückenverletzung muss man Zeit geben. Wenn er nicht bei 100% ist, dann bringt er uns nicht weiter. Man muss komplett fit sein, um in Zweikämpfe zu gehen und zu schießen. Wenn er wieder gesund ist, wird er uns vor allem auch in Überzahl sehr helfen. Aber wie lange das dauert, müssen wir sehen.

Wird es einen Punkt geben, an dem man nicht mehr auf ihn warten will oder kann und darüber nachdenkt, noch jemand anderen zu verpflichten?

Nein. Wir haben genug Tiefe im Kader. Wir sind mit einem Extra-Ausländer in die Saison gegangen. Wir schauen uns nicht nach anderen Spielern um. In der Verteidigung sind wir derzeit ein bisschen dünn, weil Sulzer und Ankert gleichzeitig fehlen, aber Ankert steht kurz vor seiner Rückkehr, deswegen sind wir gut aufgestellt. Nein, wir suchen keinen Spieler.

Ankert kurz vor seiner Rückkehr? Wie kurz?

Ich hoffe, er spielt am kommenden Freitag in Mannheim schon. Wir müssen noch sehen, was der Arzt sagt, aber er hat heute voll mittrainiert. Wenn nicht diese Woche, dann nächste Woche. Es ist sehr gut verheilt. Torsten ist ein wichtiger Teil unseres Unterzahlspiels. Der wird uns sehr helfen, wenn er wieder da ist. Und Nick Latta wird wohl in zwei Wochen wieder dabei sein.

Seit dem letzten Wolfsburg-Spiel macht es den Eindruck, also würde Per Aslund so nach und nach wieder seinen Tritt finden.

Das Gefühl habe ich auch. Er spielt besser und besser. Er kämpft in jedem Spiel, aber in den letzten Spielen bringt er die Scheibe auch in den Torraum. Er hat unheimlich viel Qualität.

War Per Aslund im Iserlohn-Spiel einer der ausgewählten Penalty-Schützen, um sein Selbstvertrauen zu stärken?

Per Aslund sollte einen Penalty schießen, weil er Tore schießen kann. Er ist ein überragender Eishockey-Spieler. Ich sehe ihn jeden Tag im Training. Wenn wir hier Übungen machen, die Skills erfordern, dann ist er da auf einem sehr hohen Niveau. Dass er jetzt zwei Tore in den letzten beiden Spielen gemacht hat, ist natürlich gut für sein Selbstvertrauen. Er kämpft in jedem Spiel, aber er hat viele Torchancen verpasst. Wenn er die alle gemacht hätte, dann würde er jetzt bei 10 Toren stehen. Dass ich ihn fürs Penalty-Schießen ausgewählt habe, hatte den Grund, dass er ein Spieler ist, der Tore machen kann. Dafür ist er mit eingeplant.

Im Wolfsburg-Spiel hatten Sie die Verteidiger-Paare umgestellt. Gab es einen Grund?

Petri und ich hatten überlegt, dass wir etwas anderes probieren wollten. Durch die Verletzungsausfälle bei den Verteidigern jetzt sind wir natürlich soweit es geht zurück zu den alten Paarungen. Wenn alle wieder gesund sind, dann wird es aber wieder Lüdemann-Ankert, Sulzer-Müller und Eriksson-Lalonde sein.

War die Umstellung in dem Spiel denn ursprünglich als Wachrüttler fürs Team gedacht?

Ja, auch. Wie gesagt, wir wollten etwas probieren. Es ist gut, wenn jeder mal mit jedem gespielt hat. In der Vorbereitung hatten wir jeden Tag neue Verteidigerpaare.

Charlie Stephens füllt die Rolle als Springer zwischen allen Positionen ohne zu murren und sehr solide aus. Wenn Jason Williams zurück ist, dann wird er ja aber grundsätzlich der erste sein, der als überzähliger Ausländer draußen bleiben muss.

Das kommt darauf an, wie die Jungs spielen. Wenn jemand schlecht spielt und Charlie spielt gut, dann ist Charlie im line-up. Die Spieler müssen ihre Leistung bringen.

Daniar Dhunussow hat bislang vier Spiele absolviert. Eins davon, weil Gustaf Wesslau verletzt war, ein weiteres (Wolfsburg), weil Stephens in die Aufstellung sollte und Wesslau der überzählige Ausländer war. Das heißt, „freiwillig“ haben Sie ihn nur zweimal als Starter aufgestellt. War es von Anfang an so geplant, dass Wesslau so viele Spiele starten würde oder ist das der Situation geschuldet, dass gerade dringend Punkte gebraucht werden?

Nein, wir hatten von Anfang an einen Plan. Zudem rede ich jeden Tag mit dem Torwarttrainer. In den kommenden Wochen haben wir drei Spiele pro Woche, und da wird Daniar auch mehr Einsätze bekommen. Wenn wir nur zwei Spiele die Woche haben, hat Gustaf Pause genug, also kann er spielen. In Wolfsburg hätte Daniar übrigens in jedem Fall im Tor gestanden, ob nun mit oder ohne Charlie Stephens im line-up.

Weil es sein altes Team ist?

Ja, ganz genau. Wir haben uns vor der Saison schon den Spielplan angesehen und überlegt, wer welches Spiel machen wird. Man muss dann zwar immer mal reagieren, aber wir hatten von Anfang an einen Plan.

Wie viele Spiele haben Sie denn für Dshunussow von vorneherein eingeplant?

10 bis 12 Spiele.

Ein Satz, den man von Ihnen in der Presse derzeit am häufigsten hört, ist „Wir müssen härter trainieren“. Ist das als Strafe fürs Team gedacht?

Nein, überhaupt nicht. Wir machen nie Straftraining. Ich habe noch nie ein Straftraining gemacht. Wir trainieren hart. Das ist immer so. Wir wollen schlittschuhläuferisch stark sein, weil uns das Vorteile bringt. Wir trainieren immer hart, weil es einen Grund dafür gibt. Nicht als Strafe.

Die Trainingswoche beginnt mit einem harten Dienstag. Mittwoch und Donnerstag geht es mit der Belastung ein wenig herunter, soweit ich weiß.

Ja. Dienstags machen wir mehr Kampfübungen eins gegen eins, Schlittschuhlaufen, Kraftraum. Mittwochs machen wir mehr Übungen fürs Spiel und taktische Sachen, aber das ist auch immer ein langes Training. Donnerstag ist das Training ein bisschen kürzer, und wir machen mehr Überzahl- und Unterzahltraining. Man braucht viel Zeit auf dem Eis.

Ein ganz anderes Thema zum Schluss: Am Ende dieser Saison laufen 14 Verträge aus. Der Dezember ist ja traditionell die Zeit, in der die ersten Gespräche laufen. Dass man mit Gustaf Wesslau schon im Gespräch ist, wurde ja schon bekannt. Wie ist da Stand der Dinge?

Wir finden hoffentlich bald eine Lösung. Ich glaube, die Chancen stehen gut, dass Gustaf in Köln bleibt.

Laufen auch schon Gespräche mit anderen Spielern?

Ich werde keine Namen nennen, aber natürlich laufen Gespräche. Es wird für nächstes Jahr keine so großen Veränderungen geben. Ein paar Positionen ändern sich natürlich immer, aber wir wollen nicht wieder so einen komplett neuen Kader zusammenstellen.

Würden Sie eine Zahl nennen, auf wieviel Positionen es maximal Veränderungen geben soll?

Nein, das werde ich nicht sagen. Da müssen wir abwarten. Es ist doch so wie jedes Jahr. Spieler werden älter oder wie lange ist jemand schon da. Aber es wird keine allzu großen Veränderungen geben.

Wir bedanken uns bei Niklas Sundblad für das Interview.

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

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Happy Birthday Mirko Lüdemann!

3 Kommentare

  1. Basti
    16.12.2015

    Gibt es auch hier eine Version in der schwedisch-deutschen Originalfassung?? ;-)

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