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Noch nicht im Halbfinale angekommen

Johannes Salmonsson, Shawn Lalonde, Patrick Hager - Foto: Alexandra Schmitz

Wenn man die sieben Spiele der Kölner Haie gegen Berlin hautnah und jeweils vor Ort verfolgt hat, dann kam einem schon allein als Zuschauer das erste Spiel im Halbfinale in München nach knapp 1200 Kilometern Reisestrecke und nur 48 Stunden Vorbereitung wie eine andere Welt vor. Kaum Zeit, das Erlebte zu verarbeiten und sich auf die neue Aufgabe einzustellen. Das erging der Mannschaft von Cory Clouston ganz genauso. Die KEC-Profis waren am Mittwochabend mit den Köpfen noch nicht im Halbfinale angekommen. Ein erwartet stark aufspielender, ausgeruhter EHC nutzte das zu einem ungefährdeten 5:1-Sieg im Auftaktmatch.

„Es ist schwer“, erklärte Torsten Ankert nach der Partie. „Man spielt sieben Spiele gegen ein und denselben Gegner. Dann wird man aus all diesen positiven Emotionen herausgerissen und spielt direkt zwei Tage später ohne richtige Vorbereitungszeit gegen eine neuen Gegner. Das ist einfach etwas komplett Neues. Damit haben wir uns heute schwergetan.“

„Ich glaube, wir waren emotional nicht auf dem Niveau, auf dem wir sein müssen. Es sind viele Emotionen in einem Spiel 7. Wenn man sich durch so ein Spiel gekämpft hat, dann muss man danach seinen Kopf komplett frei machen. Das haben wir vor dem Spiel heute nicht geschafft. Als Profi sollte man das eigentlich hinkriegen, aber es ist wirklich schwer“, bestätigte Johannes Salmonsson.

„Wir sind emotional nicht in die Partie gekommen. Wir waren müde im Kopf“, so auch Cory Clouston. „Die Beine und der Körper folgen dem Kopf und dem Herzen. Wir hatten nur 24 Stunden Zeit, uns auf unseren Gegner vorzubereiten, nachdem wir ein emotionales Spiel 7 gespielt hatten.“

Nach einer kurzen Phase des Abtastens gaben die Münchner Vollgas und bestimmten das Spielgeschehen nahezu über das komplette erste Drittel und agierten dabei kombinationssicher, ideenreich und hellwach. Dass der Führungstreffer für die Hausherren nicht fallen wollte, hatten die Haie zum größten Teil Gustaf Wesslau zu verdanken. Der Schwede im Tor der Haie strahlte wie gewohnt Ruhe aus und ließ sich auch von den Zweikämpfen um die Scheibe vor und in seinem Torraum nicht beeindrucken.

Dass Marcel Ohmann – von Shawn Lalonde mit einem schönen Pass aus der eigenen Zone auf die Reise geschickt – bei einem eins auf null Konter David Leggio zum 1:0 überwinden konnte, als er seinen eigenen Nachschuss über den geschlagenen Münchner Goalie lupfte, stellte den Spielverlauf auf den Kopf.

Was dem EHC in den ersten 20 Minuten noch im Abschluss fehlte, fand die Mannschaft von Don Jackson dann aber im zweiten Drittel. Mit den Treffern von Mads Christensen in der 22. Minute zum 1:1-Ausgleich und Jerome Samson zur 2:1-Führung drehten die Hausherren die Partie und sorgten damit für einen dem Spielverlauf entsprechenden Zwischenstand. Der erstmalige Rückstand sorgte bei den Haien für den Antrieb zu mehr Initiative. Clouston versuchte zudem, den aufkommenden Schwung durch Umstellungen in den Reihen 2 und 3 zu unterstützen, indem er Ryan Jones und Alexander Weiß in ihren jeweiligen Sturmformationen tauschte. Jones war über die gesamte Partie einer der wacheren Haie gewesen und sollte in einer offensiveren Reihe seine Energie einbringen.

„Das war einer der Gründe“, erklärte Clouston. „Wir hatten heute ein paar Spieler, die ihre Beine nicht gefunden haben. Wir haben eine Menge Eishockey in kurzer Zeit gespielt. Es waren 10 Spiele in 20 Tagen. Das geht tendenziell nicht spurlos an einem vorüber. Heute haben ein paar von den Jungs nicht ihr bestes Spiel gebracht. Ein paar spielen mit leichten Verletzungen oder leicht erkrankt.“

Doch das Bemühen seiner Mannschaft sollte nicht belohnt werden. Die im Viertelfinale noch so treffsicheren Haie konnten aus ihren Chancen kein Kapital schlagen.

„Wir hatten im zweiten Drittel rund 12 Minuten, in denen wir gut Druck gemacht haben. Wir haben aus drei oder vier wirklich guten Chancen keine Tore gemacht. Das hat uns ein bisschen frustriert“, beschreibt Clouston diese Phase. „Dann bekommen wir kurz vor Drittelende das 3:1. Das hat uns den Wind aus den Segeln genommen.“

Besagter 3:1-Treffer fiel nicht nur zu einem psychologisch schlechten Zeitpunkt für die Haie sondern auch mit einer Demonstration der spielerischen Leichtigkeit, die über die gesamte Partie den Unterschied zwischen dem EHC und dem KEC ausmachte. Nach einem frechen, selbstbewussten Doppelpass durch die Haie-Defensive fand sich Frank Mauer in perfekter Schussposition im Slot wieder und setzte die Scheibe ins hohe Eck. Der Genickschlag kam in der 39. Spielminute und besiegelte die erste Haie-Niederlage im Halbfinale.

„Im dritten Drittel haben wir nicht mehr viel Gegenwehr geleistet. Es gab den Moment im zweiten Drittel, in dem wir ins Spiel hätten zurückfinden können, aber das ist uns nicht gelungen“, resümierte Clouston. Sein Team musste in den letzten 20 Minuten zwar noch das 4:1 durch Michi Wolf durch einen verwandelten Penalty-Schuss und das 5:1 per Empty-Netter durch Frank Mauer hinnehmen, doch das spielte letztendlich keine Rolle mehr.

„München hat uns sein Spiel aufgezwungen. Sie waren bereit. Sie haben seit fünf Tagen auf dieses Spiel gewartet. Wir hingegen mussten uns in sehr kurzer Zeit im Kopf auf einen neuen Gegner konzentrieren, nachdem wir sieben Spiele gegen den gleichen Gegner gemacht haben. Wir stehen einem sehr guten Team gegenüber und hatten nicht viel Zeit, uns darauf vorzubereiten“, verwies Clouston nochmals auf die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen für beide Mannschaften. „Aus diesem Spiel müssen wir natürlich lernen und uns für Spiel 2 verbessern. Wir haben in den Playoffs zuletzt immer eine gute Reaktion gezeigt, wenn wir ein schlechtes Spiel hatten. Das müssen wir wieder tun.“

Im Ausblick auf Spiel 2 gibt sich der Kölner Headcoach durchaus kämpferisch, denn die Leistung seiner Mannschaft in Spiel 1 war zu keinem Zeitpunkt repräsentativ für das, was die Haie eigentlich können. Dass man mit dem EHC München aber ein anderes Kaliber vor der Brust hat als es der Viertelfinalgegner war, ist Clouston sehr bewusst: „München ist ein gutes Team, das verdient Tabellenerster war und ebenso verdient im Halbfinale steht. Wir wissen, dass wir in einigen Bereichen besser sein können, als wir es heute gezeigt haben. München hat ein sehr gutes Spiel gezeigt. Kombiniert mit einem nicht so guten Spiel von uns kommt dann eben das dabei heraus.“

Sowohl der Coach als auch sein Team bauen darauf, dass man mit einer besseren eigenen Leistung dem EHC das Leben deutlich schwerer machen kann.

„Ich glaube, es kann von jetzt an nur besser werden“, meint Salmonsson. „Wir haben heute nicht gut gespielt, und trotzdem hatten wir heute Phasen, in denen wir München in die Defensive gedrängt haben. Ich habe eine Menge Hoffnung für die kommenden Spiele.“ Der schwedische Stürmer sah die Überlegenheit der Gastgeber vor allem eher in der eigenen Nichtleistung als in der besseren Qualität des Gegners begründet: „Wenn wir gegen Berlin so gespielt hätten, dann hätte Berlin auch so gut ausgesehen. Das war heute nichtmal annähernd ein gutes Spiel. Ich glaube, das war noch nicht richtungsweisend dafür, wie die Serie laufen wird, weil wir einfach nicht unser Spiel abgeliefert haben.“

Auch Torsten Ankert misst der deutlichen Niederlage in Spiel 1 keine allzu große Bedeutung bei. „Wir werden sehen, wie es weitergeht. Heute hat München gut gespielt. Wir haben aber auch nicht unser bestes Spiel gezeigt. Jetzt geht es am Freitag weiter“, so der Kölner Verteidiger. „Jetzt geht die Serie zurück nach Köln. Wir waren die letzten Wochen eigentlich ziemlich heimstark. Wir können mal wieder zuhause schlafen. München hatte heute den Druck, ihr erstes Heimspiel zu gewinnen. Jetzt müssen sie die Leistung bei uns zuhause erstmal bestätigen. Wir sind voller Selbstvertrauen. Das hat uns hier keinen Knacks gegeben. Wir brennen eigentlich jetzt schon darauf, am Freitag die richtige Antwort zu geben.“

Erstes Bully in Spiel 2 ist am Freitag um 19:30 Uhr. Wir übertragen die Partie live ab 19:15 Uhr.

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

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Halbfinale Spiel 1: Neue Gesichter, gleiche Aufgabe

5 Kommentare

  1. Basti
    31.03.2016

    Hallo,

    weiss ,man was genaueres über Per Aslund oder J. Williams..kommt da nochmal jemand zurück in den Playoffs?

    VG

    PS: Good Job, den ihr hier macht!!!!

  2. Mit einer Rückkehr von Jason Williams ist nicht zu rechnen.
    Per Aslund ist gesund, aber derzeit als überzähliger Ausländer zugunsten von Charlie Stephens draußen. Ein Einsatz des Schweden hängt davon ab, ob Cory Clouston die Notwendigkeit sieht, das aktuelle Line-Up nochmal zu ändern. Das hatte sich nach dem erfolgreichen Viertelfinale erstmal nicht als Option aufgedrängt.

  3. Basti
    01.04.2016

    Merci…

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