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Die Notwendigkeit von Veränderungen

Damals noch Coach der Haie, heute auf der anderen Seite: Niklas Sundblad - Foto: Andreas Dick

Charlie Stephens gehört sicher zu den abgeklärteren, „alten Hasen“ im Kader der Kölner Haie. Er ist ein besonnener Analytiker nach Spielen und scheut sich nicht, die Dinge sachlich beim Namen zu nennen. Das Interview, das uns der eloquente Kanadier nach der 1:6-Niederlage bei den Roosters gab, war genau deshalb außergewöhnlich – vor allem in einer Zeit, in der die Trainerdiskussion im Umfeld der Kölner Haie immer lauter geführt wird. – Ein Kommentar.

„Wir müssen etwas ändern. Wir machen wieder und wieder die gleichen Fehler, und dann kommt am Ende immer das Gleiche dabei heraus. Es ist zum wahnsinnig werden.“ Sowohl die Ausdrucksweise an sich als auch der Unterton untypisch für Stephens.

Stephens weiter: „Wenn man mal ein schlechtes Spiel hat, dann hakt man das ab und schaut nach vorne. Aber ab einem bestimmten Punkt, wenn man eine Reihe von schlechten Spielen hat, dann muss man herausfinden, was falsch läuft. Wir haben keine Fortschritte gemacht. Wir machen wieder und wieder die gleichen Sachen, die gleichen Fehler. Wir müssen herausfinden, woran es liegt, und es ändern, und etwas Neues versuchen.“

Ob die gemachten Fehler eher ein individuelles Problem der einzelnen Spieler oder ein Resultat von System und Taktik sind, vermochte Stephens nicht zu beantworten: „Ich weiß es nicht. Wenn ich wüsste, was falsch läuft, dann wäre es einfach, das zu beheben. Wir müssen das gemeinsam herausfinden. Dass individuelle Fehler wie Turnovers passieren, ist normal. Eishockey ist ein schnelles Spiel. Fehler passieren immer mal. Aber wenn wir einen Fehler machen, landet die Scheibe immer in unserem Tor. Das darf nicht passieren. Man muss in der Lage sein, ohne Angst zu spielen, normal zu spielen. Es sollte nicht jeder Fehler in einem Gegentor enden.“

Dass die Haie inzwischen gehemmt in jede Partie gehen, spielt laut Stephens eine große Rolle, und ist in der gegebenen Tabellensituation auch nicht so einfach abzustellen: „Angst ist inzwischen ein Faktor. Wir sind in der Tabelle nicht annähernd da, wo wir sein sollten. Leider können wir nicht einfach einen Schalter umlegen und plötzlich eine gute Mannschaft sein. Dazu braucht es Training, Zeit und Fortschritte. Wir müssen anfangen, Schritte in die richtige Richtung zu machen.“

Nichts von dem, was Charlie Stephens gesagt hat, hatte den Subtext der Forderung nach einem neuen Coach. Was er aber mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht hat, war die Notwendigkeit von Veränderungen. Und es ist das erste Mal, dass aus den Reihen der Spieler die Forderung nach Veränderungen laut wird. Die Mannschaft hat zu keinem Zeitpunkt auch nur angedeutet, Niklas Sundblad in Frage zu stellen. Zumindest nach außen gab es immer volle Unterstützung zu Vorgehensweise, System und Training. Immer gab es die kommunizierte Zuversicht, mit dem eingeschlagenen Weg wieder zurück in die Erfolgsspur zu finden. Nun also steht hinter diesem Weg zum ersten Mal in dieser Saison ein laut ausgesprochenes Fragezeichen.

Die richtige Antwort zu finden, ist Aufgabe des Trainers. Und die Frage, die sich die Führung der Kölner Haie stellen muss, ist, ob man Niklas Sundblad zutraut, diese Antwort zu finden. Der Haie-Anhang diskutiert das nicht erst seit der Niederlage in Iserlohn. Die Argumente Pro-Sundblad werden für seine Befürworter allerdings immer schwieriger zu finden, denn was dem Kölner Headcoach trotz akribischer Analyse-Arbeit und guter Vorbereitung der Mannschaft zu fehlen scheint, sind Ideen für neue Ansätze. Auch wenn Niklas Sundblad im Detail sehr wohl Fehler sieht, anspricht und mit der Mannschaft bearbeitet, stellt er seinen Weg und seine Philosophie an sich aber nicht in Frage. Dabei muss es nichtmal sein, dass Weg und Philosophie grundsätzlich falsch sind. Die Frage ist allerdings, ob die Mannschaft in der jetzigen Situation ohne neuen Impuls die Kurve noch bekommen kann.

Genau darüber sitzen die Verantwortlichen der Kölner Haie aktuell in Klausur. Durch die Niederlage in Iserlohn initiiert läuft seit heute eine gründliche Analyse der Situation. Dass diese Analyse erst jetzt stattfindet, ist die einzige Überraschung. Zum Stand der Dinge äußert sich der Club genauso wenig wie zu potenziellen Resultaten. Man hält sich noch jede Option offen – sowohl einen Verbleib von Niklas Sundblad in seiner Position als auch einen Trainerwechsel. Sicher ist lediglich, dass es auf dem aktuellen Weg so nicht weitergehen kann. “Wir müssen etwas ändern. Wir müssen etwas Neues versuchen”, waren die Worte von Charlie Stephens. Es muss sich in der Tat etwas ändern. Entweder der Trainer sich oder der Club den Trainer.

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

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1:6-Niederlage in Iserlohn

8 Kommentare

  1. Jan
    11.01.2016

    Hallo!
    Als langjähriger Begleiter der Haie fällt mir seit Jahren schon ein seltsames Problem auf.
    Im Endeffekt egal wer hinter der Bande steht oder die Mannschaft zusammenstellt, es scheint ungemein schwer zu sein, aus den immer sehr guten Hockeyspielern, die das Haiedress überstreifen eine Mannschaft zu formen, die eine gute Balance der Altersstruktur, Physis, Schlittschuhläuferische Fähigkeiten, Scoring, secondary Scoring und weiterer Faktoren aufweist.
    Wenn man sich das Lineup anschaut, scheint man vor der Saison alles richtig gemacht zu haben.
    Die wichtigsten Positionen wurden mit erfahrenen Spielern besetzt, die das eingespielte, Deutsche Grundgerüst stützen.
    Nun, eine Meistermannschaft zusammenzustellen ist das eine.
    Erstmal benötigt man eine Grundkonstanz im Spiel, dazu muss man kein Experte sein,
    In der durchaus erfolgreichen Ära Krupp fehlte ganz klar das Scoring. Das ist unter der Ägide Sundblads ebenfalls nur geringfügig besser geworden, bzw. nur die Top-Line um Gogulla, Hager und Jones scheint die richtige Balance aufzuweisen.
    Die vermeintlichen Top Blueliner und die hochveranlagten Skandinavier finden in Köln einfach nicht zu ihrem Spiel.

    Köln mit den Maple Leafs zu vergleichen ist natürlich ein wenig sehr weit hergeholt.
    1. die Maple Leafs sind eine der weltweit grössten Hockeyorganisationen mit grosser Historie in einer grösseren und schwierigeren Liga.
    2. die Kölner Haie sind deutlich erfolgreicher und haben mehr Playoffspiele in den letzten Jahren vorzuweisen.
    Dennoch scheint es ein paar Parallelen zu geben:
    “Gute Spieler werden in Toronto schlechter”.
    Ein Verlierergen scheint sich in Toronto zu vererben, klar bezogen auf die Haie recht polemisch und wenn überhaupt nur einige Spieler zu betreffen, die seit der Beinaheinsolvenz an Bord geblieben sind.
    Der mediale Druck in Toronto und die Last der Historie erzeugt eine Atmosphäre die von Zeit zu Zeit den Ort zu einem schwierigen Umfeld für die Spieler erschafft. Gut Köln ist nicht Toronto, wo ganze Medien von den Maple Leafs leben, aber kein deutsches Team hat so viel Webpräsenz und einen Boulevard, wo nahezu täglich berichtet.
    Spieler die Toronto verlassen, blühen anderswo auf. Na ja, bezogen auf die Haie fallen mir spontan nur Furchner, Flaake, Hospelt, Pfohl und Björn Krupp ein, immerhin!

    Letztlich hab ich selber keine Ahnung, kein Insiderwissen oder einen Trainerschein.

    Aus diesem Hintergrund was ich sehe braucht es zwei, drei klar definierte Stars und Leade mit “Scoring Touch”, etliche solide Role Player die das Spiel einfach halten und solides Torwartspiel

  2. Rolliman
    11.01.2016

    Vor der Saison hat jeder gesagt:”Tolle talentierte neue Spieler. Damit muß man um den Titel mitspielen.” Seit einigen Wochen sieht man aber, das die Haie gegen Gegner verlieren, die weniger talentierte Spieler haben, die aber als Team funktionieren. Es stellt sich für mich die Frage, ob nicht zuviele Häuptlinge geholt wurden, und zuwenig Indianer?
    Iserlohn hat gestern gezeigt wie es geht, überTeamspirit zum Spielwitz. Und Pasanen hat gezeigt, wie ein Trainer dem Team helfen kann. Auszeit nehmen, den aufkommenden Spielfluss des Gegners stören und die eigenen Leute wieder einfangen. Sundblad stand hingegen das ganze Spiel mit verschränkten Armen auf der Trainerbank. Wie eine verkohlte Bratwurst, ohne Leben und Engagement. Nach dem Rauswurf von Krupp hat Schönberger gesagt:”Der Rauswurf war alternativlos und wir werden uns daran nach dieser Saison messen lassen müssen!” Während Krupp die Eisbären letztes Jahr zumindest noch in die Pre-Play-offs geführt hat, hat Sundblad mit den Haien nicht mal das geschafft. Dieses Jahr trennen beide Teams Lichtjahre in der Tabelle. Schönberger ist für mich das Hauptübel bei den Haien. Ein notorischer Selbstdarsteller, der selber zugibt, das er keine Ahnung vom sportlichen hat. Ich wage jedoch zu bezweifeln, dass er die Eier in der Hose hat, und mit Sundblad geht, falls dieser gefeuert wird.

  3. Traumpass
    11.01.2016

    Was mir im Zusammenhang mit der aktuellen Krise noch einmal hochkommt, ist das desaströse Ende der vergangenen Saison, von Anfang Januar bis zum Wasserballspiel gegen Straubing, weil ich da erstaunliche Parallelen sehe – aber ebenso auch keine eindeutige Erklärung finde. Zur Erinnerung, der Dezember 2014 war einer der punktbesten Monate der letzten Jahre überhaupt, trotz der 1:6-Klatsche gegen Krupps Berliner, die jedes Potenzial hatte, einen nachhaltigen Keil zwischen Trainer und Mannschaft zu schlagen. Allerdings wurden die darauf folgenden drei Spiele bis Jahresende alle gewonnen, darunter beachtliche Siege bei den starken Adlern und in Wolfsburg, so dass ich zu dem Schluss gekommen war, dass das Berlin-Spiel doch keine Spuren hinterlassen hatte. Und dann startete der Januar, und es ging – nichts mehr. Eben nichts wie gar nichts. Warum? Was war da passiert? Verletzungen? Nein. Negative Vertragsgespräche womöglich? Spekulativ, aber eigentlich keine Erklärung für so einen plötzlichen und irritierend drastischen Leistungsabfall ohne ersichtliche äußere Einflüsse. Das Team wurde immer langsamer, Spieler wurden entsprechend dann auch immer wieder überlaufen, standen zu weit weg von ihren Gegnern, kamen gar nicht mehr in die Zweikämpfe und verloren letztlich auch die taktische Linie, das Selbstvertrauen und die Arbeitseinstellung. Wie jetzt. Und Ausnahmen bestätigten die Regel – so wie jetzt auch. Auch die wiederholt selbstkritischen Aussagen nach Niederlagen, das permanente Geloben von Besserung sowie das Ankündigen einer Siegesserie finden sich in nahezu perfekter Kopie in der aktuellen sportlichen Krise wieder – inklusive des anschließenden Ausbleibens der angekündigten Erfolge. Selbst schöne Erfolgserlebnisse wie die 5:3-Siege gegen Mannheim (für das Selbstvertrauen) und in Krefeld (für die Tabelle, gegen einen direkten Konkurrenten) hatten nur eine Halbwertszeit bis zum nächsten Spiel – eine weitere Parallele zur aktuellen Lage. Aus meiner Sicht sind die Gründe für die Krise Anfang 2015, die letztlich zum Verpassen der Play-offs geführt haben, nie wirklich aufgearbeitet worden. Es wurde relativ schnell und einfach gesagt, es war eben nicht Sundblads Team, und damit war das Thema auch schon durch. Und das, obwohl es ja eine ganze Reihe von Nachverpflichtungen gegeben hatte und Sundblad auch nur ein Jahr von Köln weg war und damit noch eine ganze Reihe von Spielern kannte; John Tripp z.B. kannte er ja schon seit 2010, seit seiner ersten Cheftrainertätigkeit in Köln. Bemerkenswert fahrlässiges Fazit also. Wobei es nach dem bärenstarken Dezember meiner Meinung nach auch purer Unsinn war, den schwarzen Peter für das vorzeitige Saisonende noch Uwe Krupp zuzuschieben. Man hat es aber gemacht, und ich werde den Eindruck nicht los, dass die aktuelle Krise auf ähnlichen oder sogar gleichen Befindlichkeiten beruht – und das mit einer großzügig umgebauten Mannschaft, aber dem gleichen Trainer. Eventuell zu hartes Training, ein alter Vorwurf, der hartnäckig immer wieder einmal mit Sundblads Teams in Verbindung gebracht wird? Wenn ja, zu hart für Kopf oder Muskulatur? Stures Festhalten an einem einzigen System? Wenn ja, ist dieses zu kompliziert, zu anfällig, für den Gegner zu leicht lesbar? Ich sehe mir viele Spiele an und lese bei Interviews gerne zwischen den Zeilen, aber so richtig zu packen bekomme ich den Kern des Problems auch nicht. Auch das ist eine Parallele zur Krise Anfang 2015.

  4. Jan
    13.01.2016

    Taktik ist das eine. Die Spieler scheinen sich immer treu an den Gameplan zu halten, an den sie offenbar nicht mehr glauben. Jedenfalls scheint auch niemand intervenieren zu wollen, wenn die “one trick pony” taktik angepasst werden müsste, weil der Gegner die kreativen Haiestars mal wieder mit “shut down” Hockey zur Weissglut bringt.
    Anstatt weiterhin auf den Aussenbahnen zu cyclen und sich bei Turnovern mit Strafen und Penalties einzudecken, wird Angriff um Angriff nach gleichem Muster aufgebaut und versandet in einem Mix aus zu wenig Unterstützung durch Mitspieler, oder den aufreibenden Kämpfen in Ecken, an Banden.

  5. Zimbo
    14.01.2016

    Ist zwar off-topic, aber ich packs mal hier rein. Zum Gerücht Felix Schütz, der ja immer noch heiß gehandelt wird ein bereits einiger Tage alter Bericht aus Erding:

    http://www.bayernhockey.com/news/shownews.php?id=13116&topic=69

    Fazit: Es ist noch nix entschieden, aber er tendiert zu Schweden oder Schweiz.

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