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Cloustons Mantra

Haie-Headcoach Cory Clouston - Foto: Andreas Dick.
Haie-Headcoach Cory Clouston - Foto: Andreas Dick.

Es gibt eine Aussage, die der neue Haie-Headcoach in jedem Interview gebetsmühlenartig wiederholt – egal, wann man ihn fragt: vor einem Spiel, nach einem Spiel oder an irgendeinem Tag der Woche dazwischen: „We worry about the process, not the results.“ Zu Deutsch: „Wir machen uns Gedanken um die einzelnen Ablaufschritte, nicht um die Ergebnisse.“

Der Trainer einer Mannschaft, die um einen Playoff-Platz kämpft und nichts dringender braucht als Siege und Punkte, macht sich keine Gedanken um die Ergebnisse? Das klingt für sich genommen hochgradig irritierend, also haben wir beim Kölner Headcoach nachgefragt und einen interessanten Einblick in die Welt der Sportpsychologie erhalten.

„Ich bringe immer ein Beispiel dafür, was damit gemeint ist. Ich habe die Jungs ein Special über den Sprinter Usain Bolt anschauen lassen. Sein komplettes Denken bei einem Lauf ist auf die Ablaufschritte fokussiert. Er ist überzeugt davon, den Start nicht hinzukriegen, wenn er sich vorher Gedanken um den Ausgang des Rennens macht. Eine seiner Attitüden ist, vor einem Rennen rumzuprotzen. Das hat zwei Gründe. Zum einen geht es ein bisschen um Einschüchterung. Zum anderen macht er das, um locker und im Hier und Jetzt zu bleiben und sich keine Gedanken um den Rennausgang zu machen. Er weiß, dass er als Erster über die Ziellinie will. Aber er weiß auch, dass er im Ablauf einen Schritt nach dem anderen machen muss. Das läuft völlig mechanisch ab“, erklärt Clouston.

„Das kann man auf uns übertragen. Man kann jeden Sportpsychologen danach fragen – und ich habe mit ein paar wirklich guten zusammengearbeitet -, wenn man sich über den Ausgang eines Spiels Gedanken macht, dann fängt man an, nervös zu werden. Ich glaube, das ist das, was uns im Spiel gegen Mannheim passiert ist. Man spielt dann ein bisschen mehr um nicht zu verlieren anstatt um zu gewinnen. Sobald man spielt, um nicht zu verlieren, macht man sich Gedanken um den Ausgang des Spiels und darum, dass man die Punkte braucht. Dann fängt man an, Fehler zu machen und passiver zu agieren. Deshalb wollen wir uns nur darauf konzentrieren, wie wir in jedem einzelnen Wechsel spielen. Wenn du zum Beispiel in deinem nächsten Wechsel zu einem Bully rausgehst, dann musst du dieses Bully gewinnen. Wir wollen, dass unsere Spieler so denken“, so Clouston weiter.

Auf diese Art und Weise will der Kölner Headcoach seiner Mannschaft auch wieder die schlechten Starts in Partien abgewöhnen, die sie zuletzt in Straubing und Augsburg gezeigt hat. „Die Wichtigkeit der Spiele ist uns natürlich bewusst. Es ist in den Köpfen, dass wir gegen Mannschaften spielen, die mit uns um einen Playoffplatz kämpfen“, räumt Clouston ein. „Manchmal denken die Jungs eher daran als einfach hart zu spielen und unser Spiel zu spielen. Im Moment gibt es für die Mannschaft natürlich zusätzlich auch noch eine Menge Veränderungen und eine Menge neuer Informationen. Wenn sie anfangen zu denken, dann verlieren sie den Fokus darauf, wie sie spielen müssen. Aber wie sie spielen müssen, muss das einzige sein, worüber sie sich Gedanken machen. Das Spiel in Augsburg war das beste Beispiel. Da sind wir ein bisschen zaghaft und mau in die Partie gestartet. Dann haben wir unseren Fokus verloren und ein paar Strafen genommen – und schon lagen wir 1:4 hinten. Dann haben wir uns gesammelt, neu fokussiert und angefangen, das Spiel zu kontrollieren. So sind wir dann auch zu Resultaten gekommen. Für mich ist das das perfekte Beispiel dafür, sich nur darum zu kümmern, das zu tun, was deine Aufgabe ist, und Dinge wie das Spielergebnis sich sozusagen von selbst erledigen zu lassen.“

Auf die Frage, ob ihm die ersten beiden Drittel im Augsburg-Spiel mehr Sorgen machen als ihn das Comeback im dritten Drittel gefreut hat, meint Clouston: „Wir konzentrieren uns im Moment auf das Positive. Wir müssen Selbstvertrauen aufbauen. Wir haben angesprochen, was da zu Beginn des Spiels passiert ist, aber wir müssen auf das aufbauen, was am Ende passiert ist. Man kann aus beidem etwas lernen.“

Über den Autor: Henrike Wöbking

Henrike schreibt für haimspiel.de seit 2005 und wurde von Ex-NHL-Spieler Jason Marshall gelobt für "the best interview I ever did". Sie zeigte sich hauptverantwortlich für das Abschiedsvideo von Dave McLlwain. Außerdem ist sie Buchautorin und schrieb den Roman "Auf Eis" vor dem Hintergrund der Playoffs 2002.

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